354 Handwerk. VI. Buch.
kommt, der Zuschlag nur zu einem angemessenen Preise erfolgen. Zn allen geeig-
neten Fällen sollen Sachverständige vor der #usschreibung über die Arbeitsherstellung
umk die Preise gehört werden. Den Zuschlag erhält derjenige, dessen Gebot die tüchtige
und rechtzeitige Ausführung gewährleistet und dem angemessenen Preise am nächsten
kommt. Für handwerksmäßige Leistungen, bei denen es angebracht ist, sollen Tarife
durch die vergebende Behörde nach Anhörung von Sachverständigen der Handwerks-
kammer aufgestellt werden. Bei Ermittlung von Preisen für Unterhaltungsarbeiten
an staatlichen Bauten sollen in der Regel Sachverständige der Handwerkskammern
zugezogen werden. Bei Abnahme der Arbeiten sind in geeigneten Fällen Sachverstän-
dige zuzuziehen. Ferner wurden Resolutionen angenommen, die Regierung zu ersuchen,
darauf hinzuwirken, daß auch die Selbstverwaltungsbehörden die Vorschriften des staat-
lichen Verdingungswesens beachten, ferner die nachgeordneten Behörden anzuweisen,
in allen geeigneten Fällen bei öffentlich auszuschreibenden handwerksmäßigen Arbeiten
von Bedeutung die Ausschreibungsbedingungen der betr. Handwerkskammer mitzuteilen,
auf ihr Ersuchen auch in geeigneten Fällen den wesentlichen Inhalt der Preisangebote
ohne Namensangabe der Submittenten zur Kenntnis zu bringen. Ourch Erlasse vom
4. September und 22. Oktober 1912 hat der Minister der öffentlichen Srbeiten einen
Teil dieser Anträge, nämlich die Anhörung von Sachverständigen vor der Ausschrei-
bung und die Aufstellung von Tarifen für Unterhaltungsarbeiten bei staatlichen Hoch-
bauten, erfüllt. Der Zuschlag zum angemessenen Preise ist allerdings noch nicht vor-
geschrieben. Ahnliche Bestimmungen haben auch die Heeres-, Marine- und Postver-
waltungen erlassen. Schon 1907 hat der Minister für Handel und Gewerbe die preu-
ßischen Gemeinden aufgefordert, bei umfangreichen Vergebungen besonders die Hand-
werksgenossenschaften zu berücksichtigen. Auch der Reichstag hat sich wiederholt mit
dem Verdingungswesen beschäftigt. Zwar verhalten sich die verbündeten Regierungen
bis beute gegenüber der reichsgesetzlichen Regelung ablehnend; aber im laufenden Jahre
hat der Reichstag eine Kommission eingesetzt zur Vorberatung neuer Bestimmungen
betr. Vergebung von öffentlichen Arbeiten und Lieferungen im Geschäftsbereiche des
Reichsamts des Innern, die für die gesamten Reichsbehörden gelten und auch den ein-
zelnen Bundesstaaten und den Kommunen als Richtschnur empfohlen werden sollen.
Es wird auch die gesetzliche Errichtung von Verdingungsämtern angestrebt,
die neuerdings bei jeder Handwerkskammer vorgesehen sind, um auf ein vertrauens-
volles Zusammenwirken zwischen den ausschreibenden Behörden einerseits und den
zu Verbänden zusammengefaßten Handwerkern anderseits hinzuwirken. Sie sollen den
ausschreibenden Stellen Vorschläge über die Fassung der Bedingungen machen, die
Handwerker beraten und die einzelnen verbinden, sei es zu Lieferungsverbänden oder
sei es zu Genossenschaften, Preisverzeichnisse über die ortsüblichen Preise der häufigsten
Handwerksarbeiten aufstellen, Beschwerden der Handwerker über Submissionen prüfen,
überhaupt jede in Verbindung mit dem Submissionswesen stehende Tätigkeit im Inter-
esse des Handwerks ausüben. Von verschiedenen Seiten wird auch die Errichtung
eines Reichsverdingungsamtes angeregt. Mögen sich nun die Handwerker, nach-
dem man ihren Wünschen durchweg entsprochen hat, auch bestreben, durch Zusammen-
802