Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Die Arbeiter-Sozialpolitik. 391 
  
Betriebsstättenschutz. Sanitärer Die Bedienung der Betriebs- und Arbeits- 
maschinen, die Zusammendrängung vieler 
Menschen und Maschinen in einem Naume, 
die Anhäufung von Rohstoffen und Fabrikaten, die mit der Arbeit häufig verbundene 
Erzeugung von Staub, ungesunden Dämpfen, Aässe, Kälte oder Hitze, schroffer Wechsel 
der Temperatur, die stete einseitige Anstrengung bestimmter Muskeln usw. verursachen 
vielfache besondere Gefahren und Schäden für Gesundheit und Leben. Fast alle Berufe 
weisen so ihre besonderen Berufskrankheiten auf. Dazu kommen die plötzlichen Ge- 
fährdungen durch Verletzungen und schwerere oder leichtere Unfälle. In beiden Be- 
ziehungen hatte schon die Gewerbeordnung von 1869 allgemeine Vorschriften vorgesehen, 
die aber durch die Arbeiterschutz-Novelle eingehender spezialisiert sind. Richt minder 
sind aber auch Vorschriften zum Schutg der Sittlichkeit gegen die Gefahren, wie sie 
sich aus dem Zusammenarbeiten der verschiedenen Lebensalter und Geschlechter ergeben, 
gesetzlich festgelegt. 
Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerät- 
schaften so einzurichten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren 
für Leben und Gesundbeit soweit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebs gestattet. Insbesondere 
ist für genügendes Licht, ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betrieb ent- 
stehenden Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu 
tragen. Ebenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen gefähr- 
liche Berührungen mit Maschinen oder Maschinenteilen oder gegen andere in der Natur der Betriebsstätte 
oder des Betriebs liegende Gefahren, namentlich auch gegen die Gefahren, welche aus Fabrikbränden er- 
wachsen können, erforderlich sind. Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Betriebs und 
das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Sicherung eines gefahrlosen Betriebs erforderlich sind. 
Den Arbeitgebern liegt ferner die Verpflichtung ob, diejenigen Einrichtungen zu treffen und zu unter- 
halten und diesenigen Vorschriften über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zu erlassen, welche erforder- 
lich sind, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu sichern. Insbesondere 
muß, soweit es die Natur des Betriebs zuläßt, bei der Arbeit die Trennung der Geschlechter durchgeführt 
werden, sofern nicht die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes durch die Einrichtung des 
Betriebs ohnehin gesichert ist. 
In Anlagen, deren Betrieb es mit sich bringt, daß die Arbeiter sich umkleiden und nach der Arbeit sich 
reinigen, müssen ausreichende, nach Geschlechtern getrennte Ankleide- und Waschräume vorhanden sein. 
Die Bedürfnisanstalten müssen so eingerichtet sein, daß sie für die Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den An- 
sorderungen der Gesundheitepflege entsprochen wird und daß ihre Benutzung ohne Verletzung von Sitte 
und Anstand erfolgen kann. 
Der Bundesrat (5120e), die Landes- Zentralbehörden (§* 120e) und die 
Polizeibehörden (§§ 120 d, 120e) haben das Recht und die Pflicht, soweit notwendig, 
diese allgemeinen Vorschriften durch besondere Verordnungen oder im Wege polizei- 
licher Verfügung (für einzelne Betriebe) zu spezialisieren und so wirksamer zu gestalten. 
Solche Verordnungen sind in großer Zahl sowohl seitens des Bundesrates (für Bleifarben- und Blei- 
zuckerfabriken, Anfertigung von Zigarren, Akkumulatorenfabriken, Roßhaarspinnereien, Thomaeschlacken- 
mühlen, Finkhütten, Buchdruckereien und Schriftgießereien, Steinbrüche und Steinhauereien usw.) als auch 
seitens der Landeszentralbehörden (z. B. für Spiegelbelaganstalten) und Polizeibehörden (z. B. für Bauten) 
erlassen. 
Far die Unfallversicherung kommen außerdem noch die Berufsgenossenschaften der Unfall- 
versicherung in Betracht (s. unten). Ferner die (mehr als 24) Dampfkesselreoisionsvereine und ihre 
Beamten, welche speziell die Verhütung von Dampfkesselexplosionen usw. zur Aufgabe haben und große 
Erfolge aufweisen. 
  
Mazimal-Arbeitstag. 
  
839
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.