Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
38 Inmere Kolonisation. VI. Buch. 
  
Wege etwas Brauchbares geleistet werden könne und es ist tief bedauerlich, daß selbst 
hervorragende Staatsmänner, wie Miquel, lange Zeit geglaubt haben, die Arbeit 
dieser Privat-Güterschlächter unterstltzen zu sollen. Namentlich in der Geschichte der 
Provinz Pommern ist ein es sehr trauriges Kapitel auf diesem Gebiet, welches sich an 
die Namen Lement und Heinrichsdorf knüpft; zwei Unternehmer, welche in einem 
der schönsten Teile Vommerns auf dem Gebiet der Parzellierung Trauriges geschaffen 
haben, indem sie vielfach lebensunfähige Kolonien schufen. Es ist später der Kgl. General-= 
kommission überlassen gewesen, einen großen Teil der Schäden wieder gutzumachen. 
Der erste Anstoß, auf dem Gebiet der inneren Koloni- 
sation seitens des Staates in großem Maße vor- 
zugehen, wurde uns aufgezwungen durch den Nationalitätenkampf in den Ostprovinzen. 
Der Kampf konnte vermieden werden, wenn die Bevölkerung in diesen Provinzen, 
welche nicht deutschen Stammes ist, durch die Tat bewiesen hätte, daß sie treue preußische 
Untertanen sein wollten. ODurch eine gewissenlose antideutsche Agitation ist uns der Kampf 
aufgezwungen worden und so mußte er geführt werden. Im Jahre 1886 wurde das 
Ansiedlungsgesetz erlassen und die Ansiedlungskommission gebildet. Wie bei 
jeddem derartigen Unternehmen haben die Arbeiten dieser Kommission zunächst durchaus 
nicht auf allen Gebieten befriedigt. Der Hauptfehler liegt nach meiner Auffassung darin, 
daß diese Gesetzgebung nur eine halbe war, mit der man nicht das erreichen konnte, 
was erreicht werden mußte. Wenn uns ein derartiger nationaler Kampf aufgezwungen 
wird, dann muß er auch mit allen Mitteln machtvoll durchgeführt werden; wir können 
aber keinen Erfolg haben, wenn wir auf der einen Stelle das antinationale Polentum 
auskaufen und ihm dadurch gleichzeitig die Mittel geben, sich nachher an einer anderen 
Stelle wieder anzusiedeln. Wenn man zu einem wirklichen Erfolge gelangen will, so 
kann hier nur durch eine noch viel weiter gehende, schärfere Gesetzgebung etwas erreicht 
werden. Es kommt hinzu, daß die zunächst reichlich bureaukratisch gestalteten Verhältnisse 
der Ansiedlungskommission jede freie Bewegung ihres Leiters hinderten. Eine Behörde, 
in welcher so viele Instanzen mitzusprechen hatten und bei welcher der Präsident selbst 
eigentlich am allerwenigsten zu sagen hatte, war kaum imstande, wirklich etwas 
Nützliches zu schaffen. 
Bis zum Zahre 1911 hatte die Ansiedlungskommission rund 40 000 ha, davon ½ aus 
deutschem und ½ aus polnischem Besitz, erworben, immer eine ganz respektabele Fläche. 
Es soll auch anerkannt werden, daß jetzt die Verhältnisse in der Ansiedlungskommission 
nach den neueren Bestimmungen wesentlich gebessert sind und sich auch demgemäß ihre 
Erfolge gehoben haben. 
Ansiedlungsgesetz. 
  
In den ZJahren 1890 und 1891 folgten dann die Nenten- 
gutsgesetze, und es tritt nunmehr in die Reihe der zu Be- 
siedlungszwecken tätigen Instanzen die Generalkommission ein. Auch hier ist zunächst 
manches gesündigt worden und es ist leider darauf hinzuweisen, daß eine Generalkom- 
mission lange Zeit planmäßig polnische Ansiedler angesetzt hat, bis diesem Unfug ein 
Rentengutsgesetz. 
  
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