Vl. Buch. Bergben und Hüttenwesen. 61
Ausbau nachzuführen. Einem Einstürzen der aus lockerem Material bestehenden Schacht-
wandungen wird dadurch vorgebeugt, daß man durch eine genügend hohe Wassersäule,
deren spe#fisches Gewicht durch Einschlemmen von Ton oder Schwerspatmehl erhöht
wird, einen Uberdruck gegenüber dem im Gebirge stehenden Wasser erzeugt. Infolge
dieses Uberdruckes sucht das Wasser aus dem Schachtinnern in das Gebirge überzutreten,
so daß ein ODruck auf die Schachtstöße ausgeübt und diese vor dem Einstürzen oder Ab-
böschen bewahrt werden. Erst wenn das wassertragende Gebirge erreicht ist, wird eine
wasserdichte Auskleidung in den Schacht eingesenkt. Trotzdem dieses Verfahren bie jetzt
nur für Schächte bis zu 4 m Durchmesser angewendet worden ist, unterliegt es doch kei-
nem Zweifel, daß es auch das Abbohren größerer Durchmesser gestattet und zurzeit
vielleicht das einzige Schachtabteufverfahren ist, das auch die größten Schwimmsand-
mächtigkeiten zu überwinden ermöglicht. Für größere Durchmesser benutzt man all-
gemein das Gefrierverfahren, das in den 80er Zahren von Pötsch erfunden worden ist
und Schächte von beliebig großem Durchmesser herzustellen gestattet.
Um auch Salzwasser, das man häufig antrifft, zum Gefrieren bringen zu können,
wendet man das Tiefkälteverfahren an, bei dem die Temperatur der Kühlflüssigkeit auf
— 42°0statt auf — 200 C erniedrigt wird, wodurch man selbst 25proz. Sole zum Gefrieren
bringen kann. Dieses Berfahren hat es erst ermöglicht, die unter einer mächtigen Schwimm-
sandschicht in großer Teufe ruhenden Bodenschätze an Kohle auf dem linken Ufer des
Nlderrheins und im nördlichen Westfalen, sowie stellenweise die Kalischätze in Mittel-
deutschland dem Bergmanne zugänglich zu machen, und dadurch in erster Linie zu der
großartigen Entwicklung des deutschen Bergbaues in den letzten 25 Jahren beigetragen,
weshalb es wohl mit Recht als eine der wichtigsten Neuerungen des deutschen Bergbaues
bezeichnet werden kann.
Von allen Fortschritten, die der Bergbau in den letzten 25 Jahren
gemacht hat, ist unstreitbar der bedeutendste die allgemeine Ein-
führung des Bergeversatzes im Steinkohlenbergbau und seine neueste Ausgestaltung, der
Spülversatz. Während der Erzbergbau die ausgewonnenen Räume sofort wieder mit
taubem Gesteine versetzte, wozu er infolge des gangartigen Auftretens der Erzvorkommen
und infolge ihres meist steilen Einfallens unbedingt gezwungen war, und wofür ihm in
den bei der Gewinnung des Erzes fallenden tauben Teilen der Lagerstätte genügender
Stoff zur Verfügung stand, beschränkte sich der Steinkohlenbergbau jahrhundertelang
im wesentlichen darauf, die plattenartig gelagerte Steinkohle ohne jeden Bersatz, durch den
sogenannten Pfeilerbau, zu gewinnen. Bei diesem werden in dem Flöze parallele Strek-
ken ins Feld getrieben und dann, rückwärts gehend, die zwischen diesen Parallelstrecken
stehengebliebenen Flözteile, die Pfeiler, abgebaut, die man nach erfolgter Auskohlung
binter sich zu Bruche gehen läßt. Trotzdem dieses Verfahren in bezug auf Arbeitsleistung
und Gewinnungekosten sehr vorteilhaft ist, hat es doch schwerwiegende Nachteile im Gefolge.
Zur Sicherung der Förderstrecken und der Arbeiter sieht man sich nämlich genötigt, über-
all in der Grube mehr oder weniger mächtige Sicherheitspfeiler aus Kohle stehen zu
lassen, die nicht wieder gewonnen werden können. Durch vorzeitiges Zubruchegehen
Gewinnung.
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