64 Bergbau und Hüttenwesen. VI. Buch.
ist der Stein- und Kohlenfall die stärkste Gefahrenquelle nicht nur für den Erzbergmann,
sondern auch für den durch schlagende Wetter und Kohlenstaubexplosionen bedrohten
Steinkohlenbergmann. So wurden im Ruhrkohlenbergbau in dem Zeitraume von 1896
bis 1910 41,25% der entschädigungspflichtigen und 42, 32 % der tödlichen Unfälle allein
durch Stein- und Kohlenfall bewirkt, während schlagende Wetter und Kohlenstaub-
geexplosionen 2,01 % entschädigungspflichtige und 9,44% tödliche Unfälle im Gefolge hatten.
Aus dieser Erwägung heraus wurde in Preußen zur Untersuchung der Stein- und Kohlen-
fallunfälle eine Kommission eingesetzt, die im ZJahre 1905 ihre Arbeiten abschloß und
als bestes Mittel gegen diese Gefahr den planmäßigen Abbau empfahl, der bereits im
Lahre 1901 nach dem Muster niederschlesischer und französischer Gruben auf den staat-
lichen Bergwerken des Saarrevieres eingeführt worden war. Während früher der Ausbau
lediglich dem Gutdünken des Arbeiters überlassen worden war, werden beim planmäßigen
Ausbau die Art des Ausbaues und die Zahl und Stärke der zu setzenden Hölzer der Will-
kür des Arbeiters entzogen. Es wird von der Grubenverwaltung für jedes Flöz oder jede
Bauabteilung eine genaue Vorschrift über die Ausführung des Ausbaues erlassen und
zugleich angestrebt, die Zimmerung in gleichmäßigem Abstande und in einem gewissen
Verbande herzustellen, um das entblößte Hangende gleichmäßig zu unterstützen und seinen
Druck abzufangen. Wenn auch anfangs mit der Ausführung dieses planmäßigen Aus-
baues ein starker NRückgang der Alrbeitsleistung und sowohl dadurch, als auch infolge er-
höhten Holzverbrauches eine Steigerung der Selbstkosten eintrat, so gingen diese Kosten
jedoch bald zurück, nachdem sich Arbeiter und Beamte an diesen Ausbau gewöhnt hatten.
Der Zweck desselben, die durch Stein- und Kohlenfall verursachten Unfälle herabzumindern,
wurde vollständig erfüllt; außerdem hatte er noch andere Vorteile im Gefolge. Die Her-
stellung und Überwachung eines sachgemäß ausgeführten Bergeversatzes wurde durch ihn
erheblich erleichtert und ebenso die Anwendung von Schüttelrutschen und Schräm-
maschinen erst durch ihn überhaupt ermöglicht. In Verbindung mit der nachgiebigen
Zimmerung hat er deshalb auch dort, wo er von der Bergpolizeibehörde nicht zwangs-
weise eingeführt wurde, weitere Verbreitung erlangt.
Eine andere Neuerung im Ausbau von Steinkohlengruben besteht darin, daß man
das Holz durch Eisen ersetzte, wozu man anfangs den Sommerschen Abbaustempel
benutzte, der aus zwei ineinander verschiebbaren nahtlosen Mannesmannrohren besteht.
Eine Verbindung dieser inzwischen verbesserten eisernen Stempel mit dem planmäßigen
Ausbau ergab als neueste Errungenschaft den wandernden Grubenausbau von Reinhard,
der überhaupt kein Holz mehr braucht, sondern durch Anwendung eiserner elastischer Stem-
pel und stählerner Kappen das Hangende nachgiebig, gleichmäßig und nach Art der Vor-
treibezimmerung im Augenblick der Entblößung unterstützt, einen sehr weitgehenden
Schutz gegen Stein- und Kohlenfall sichert und wegen seiner leichten Auswechselbarkeit
und großen Dauerhaftigkeit trotz hoher Kosten bedeutende wirtschaftliche Vorteile bietet.
Der Ersatz der Handarbeit durch Maschinenarbeit begegnet beim Bergbau recht
schwierigen Berhältnissen, da die Maschinen an die Rohstoffe herangebracht werden müssen
und nicht, wie es sonst üblich, die zu verarbeitenden Stoffe den Maschinen zugeführt wer-
den können. Dem Fortschreiten der Arbeit entsprechend müssen die Maschinen außerdem
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