68 Bergbau und Hüttenwesen. VI. Buch.
In allerletzter Zeit hat die Dampffördermaschine den Kampf mit der elektrischen För-
dermaschine wieder ausgenommen, und es ist den Bemühungen der Maschinenfabrikanten
gelungen, durch verbesserte Bauarten den Dampfverbrauch der neuen Zwillingstandem---
maschinen auf 11—12 kg für die Schacht-PS-Stunde herabzudrücken und durch den Ein-
bau eines Stauschiebers die Beschleunigung beim Anfahren erheblich heraufzusetzen,
wodurch kürzere Fahrzeit erzielt wird. Die Elektrizität versucht wiederum ihrerseits
die Nachteile des Ilgner-Leonhard-Soystems, das eine Umwandlung von Orehstrom in
EGleichstrom erfordert, durch die Anwendung von Kollektormotoren für direkten Dreh-
stromantrieb zu umgehen. Der Wettkampf zwischen beiden Maschinenarten ist noch in
vollem Gange und hat bei erhöhter Sicherheit gegenüber den älteren Fördermaschinen
eine erhebliche Steigerung der Leistungsfähigkeit mit sich gebracht, so daß man jetzt die
Fördergeschwindigkeiten bis auf 20 m in der Sekunde und die mit einem Zuge zu he-
bende Autzlast bis auf 17 000 kg erhöhen kann.
Durch automatische Aufschiebebühnen und verbesserte optische und akustische Signal-
einrichtungen ist es gelungen, die Abfertigungszeit zwischen den einzelnen Zügen erheb-
lich herabzusetzen, so daß heutzutage schon Förderleistungen von 2000 Tonnen Autzlast
in der achtstündigen Schicht mit einem Schachte erreicht werden.
Auch die Abbau- und Streckenförderung hat in den letzten 25 Jahren bedeuten-
de Fortschritte gemacht. Die Notwendigkeit, die teueren Schächte möglichst lange aus-
zunutzen, zwingt besonders den Steinkohlenbergmann dazu, jedem Förderschachte ein
sehr großes Grubenfeld zuzuteilen, wodurch die unterirdischen Förderstrecken an Länge
immer mehr zunehmen. Bei diesen großen Entfernungen ist eine Förderung durch Men-
schen oder Pferde zu teuer und zu wenig leistungsfähig, denn ein Schlepper vermag
nur 3—4 tkm ein Pferd 16—55 tkm in der Schicht zu leisten, wobei die Kosten für die
Schlepperförderung 0,60—1,10 Mtk./tkm, bei Pferdeförderung 0,15—0,55 Mk./tkm be-
tragen. Deshalb hat man schon seit längerer Zeit in den Hauptförderstrecken Förderanlagen
mit endlosem Seil oder mit endloser Kette eingerichtet, die außerordentlich leistungefähig
und zuverlässig sind und die Förderkosten für den tem auf 2—6 Pfg. herabsetzen. Da diese
Förderanlagen indes nur mit geringen Geschwindigkeiten (1—2 m Sek.) arbeiten können,
und da sie sich speziell für gerade lange Strecken ohne Krümmungen und Abzweigungen
eignen, hat sich in den letzten 15 Jahren auch die Lokomotioförderung eingebürgert, die
sich den wechselnden Verhältnissen einer Grube besser anzupassen und so hohe Geschwin-
digkeit zu erzielen vermag, daß sie auch zum Transporte der Arbeiter benutzt werden
kann, wodurch eine erhebliche Erhöhung der Arbeitsleistung erzielt wird. Nach den
ersten, freilich mißglückten Bersuchen mit Preßluftlokomotiven führte sich die elektrische
Lokomotive, vor allem im sächsischen und oberschlesischen Steinkohlenbergbau, ein, dann
folgte die Spitirus-, die Benzin- und die Benzollokomotive und im Jahre 1908 eine neue
Konstruktion der Preßluftlokomotive, die durch Anwendung hoher Drucke (100—120 Atm.)
und Verbundmotoren Leistungen bis zu 50 PS aufzuweisen hatte, während die Stärken der
Brennstofflokomotiven zwischen 8 und 12 PS schwanken. Der elektrische Antrieb hat auch
hier wieder einen erheblichen Vorsprung dadurch, daß er viel größere Krafteinheiten auf
dem zur Verfügung stehenden engen Raume zur Wirkung zu bringen vermag (bis zu
516