Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
70 Wasserstraßen und Binnenschiffahrt. VII. Buch. 
  
nicht wie bei den Eisenbahnen dem Eigentümer der Verkehrsstraße vorbehalten bleibt. 
Die Entwickelung der letzten 25 Zahre hat aber dahin geführt, daß der Grundsatz des freien 
Privatbetriebes auf den deutschen Wasserstraßen in einer Reihe von Fällen insofern 
durchbrochen wurde, als für einige dieser Wasserstraßen deren Eigentümer gewisse Ver- 
kehrsleistungen — mit mehr oder weniger weitgehendem Ausschlusse Dritter — selbst 
übernommen haben; und zwar handelt es sich hierbei um die Gestellung der bewegenden 
Kraft, soweit diese nicht im Fahrzeuge selbst vorhanden, sondern von einem Schlepp- 
schiffe oder auch vom Ufer aus wirksam ist. 
Staatliche Beteiligung ë * 5 4 % den 11.0 * 
neten Kaiser- elm-Kanal den p eb mit frei- 
am Schiffahrtsbetrieb. fahrenden Dampfern vorbehielt, indem es seinen Mono- 
polbetrieb nicht nur durch eine Verbotsvorschrift, sondern auch durch einen die Selbstkosten 
bei weitem nicht deckenden Schlepplohntarif Oritten gegenüber sicherte. Sodann er- 
richtete Bayern eine Kettenschleppschiffahrt auf dem Main, wobei das Ausschlußrecht 
des Staates sich zwar formell nur auf das Halten der Kette und den Betrieb der Ketten- 
schlepper bezieht, während der Schleppbetrieb mit freifahrenden Dampfern den Privaten 
nicht verwehrt ist. Ein auf wirtschaftlicher Grundlage beruhendes, tatsächlich wirksames 
Schleppmonopol des Staates ist aber doch insofern vorhanden, als die technischen Vor- 
züge des Kettenbetriebes und seine geringeren Selbstkosten den Wettbewerb der frei- 
fahrenden Schlepper im allgemeinen ausschließen. 
Bei dem Abschlusse des Staatsvertrages mit Preußen über die Erbauung des Elb- 
Travekanals vom 4. Juli 1893 hatte sich der lübeckische Staat das Schleppmonopol auf 
der neuen Wasserstraße ausbedungen. Es gilt, ebenso wie auf dem Kaiser-Wilhelm- 
Kanal, nur in dem Sinne, daß keine privaten Schlepper zugelassen werden; nicht 
im Sinne des Ausschlusses der mit eigener mechanischer Kraft fahrenden Schiffe. Die 
Ausübung dieses Monopols ist vom lübeckischen Staat der dortigen Handelskammer 
übertragen worden, die seit der Eröffnung des Kanals im Jahre 1900 den Schlepp- 
dienst betreibt. 
Weitergehend ist das Schleppmonopol, das der Kreis Teltow auf seinem Kanal zwischen 
Havel und Spree seit dem Jahre 1906 ausübt, da es jeden Berkehr mit Dampfern und Mo- 
torschiffen, die nicht dem Kreise selbst gehören, ausschließt und keinen anderen Schleppbe- 
trieb als denjenigen der elektrischen Triebwagen am Kanalufer zuläßt, also weder das Trei- 
deln mit mencschlicher oder tierischer Kraft noch irgendeine andere Art der Fortbewegung von 
Schiffen. In viel größerem räumlichem Umfange ist endlich das Schleppmonopol durch das 
Wasserstraßengesetz vom 1. April 1905 für das westliche preußische Kanalnetz, nämlich für 
den Kanal zwischen Duisburg und Hannover mit seinen Anschlußwasserstraßen und für die 
kanalisierte Lippe eingeführt worden. Hier wird jede Art von Privatschlepperei mit me- 
chanischer Kraft grundsätzlich ausgeschlossen und auch die Verwendung von Güterschiffen 
mit eigener motorischer Kraft nicht allgemein gestattet sein; es können jedoch Fahrzeuge 
der letzteren Art von der Verwaltung zur Benutzung der Kanäle zugelassen werden. 
Oie Einzelheiten sind in dem Ausführungsgesetz vom 30. April 1913, welches 9,9 Mill. M. 
  
  
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