Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
o4 Die Geeschiffahrt. VII. Buch. 
  
Heutschlands Anteil am Welthandel. Die ganz gewaltige Steigerung der 
Anteilnahme Oeutschlands am Welt- 
handel während des letzten Bierteljahrhunderts ist der beste Beweis für die Leistungs- 
fähigkeit unfrer Seeschiffahrt. 
Der gesamte Welthandel hat insbesondere vom Jahre 1885 ab, also so ziemlich zur 
Zeit des Regierungsantritts unseres Kaisers, eine große Steigerung aufzuweisen. 
Von 1885—1908 trat eine Verdoppelung, bis 1912 bereits eine Verdreifachung des 
Welthandels ein. An dieser Steigerung haben natürlich in erster Linie der britische ge- 
samte Außenhandel und der deutsche Anteil. ODer letztere ist aber bedeutend mehr 
gestiegen als der britische, sowohl in bezug auf das absolute Maß als auch in bezug auf 
die Verhältniszahlen. Während der britische Handel in dieser Zeit von 10,7 Milliarden 
auf 27,4 Milliarden wuchs, stieg der deutsche von 5,8 auf 21,5 Milliarden. Während also 
vor einem Vierteljahrhundert die Beteiligung Deutschlands am Welthandel etwas über 
die Hälfte der Beteiligung Englands betrug, ist gegenwärtig die deutsche Beteiligung der 
englischen recht nahegekommen, obwohl diese in derselben Zeit auch um das zweieinhalb- 
fache gestiegen ist. Die deutsche Beteiligung stieg allerdings fast um das vierfache. Bis 
zu der Zeit vor 25 Jahren hat Frankreich mit seinen Anteil am Welthandel noch einen Vor- 
sprung vor Deutschland gehabt. Inzwischen ist Deutschland an die zweite Stelle gerückt 
mit 12,5% Anteil am Welthandel. Zhm folgen dann die Vereinigten Staaten von Nord- 
amerika mit 9,8 0 und dann erst Frankreich mit etwa 9,5 00. Es ist also, während in diesem 
Bierteljahrhundert der ganze Welthandel stark gewachsen ist, besonders der Anteil Deutsch- 
lands an diesem Welthandel gestiegen, und zwar ist das Wachstum der Anteilnahme 
Deutschlands bedeutend stärker als das anderer Länder. 
  
Ausblick. Trotzmancher Enttäuschung, schwerer Kückschläge, ernster Konkurrenzkämpfe 
hat die deutsche Schiffahrt sich eine hervorragende Stellung im Weltverkehr 
geschaffen, nicht durch künstliche Mittel, nicht durch Staatsunterstützung, sondern aus 
eigener Kraft. Daß dies geschehen konnte, danken alle Beteiligten unserem erhabenen 
Kaiser, dessen 25jähriges Regierungsjubiläum keine bessere Krönung erfahren konnte, 
als durch die glänzenden Erfolge, die die Kaiserliche Welthandelspolitik seit 1888 
gezeitigt hat. 
Als Kaiser Wilhelm II. im Juni 1888 an die Spitze des Deutschen Reiches trat, waren 
Deutschlands Handelsbeziehungen zum Auslande bereits mächtig emporgeblüht und 
Deutschlands Ansehen bei fremden Nationen im Steigen begriffen. Aber es fehlte noch 
die feste Grundlage, die es dem Deutschtum ermöglichte, über See dauernd festen Fuß 
zu fassen und angeknüpfte Beziehungen auszubauen. Der Mangel genügenden Schutzes 
deutscher Interessen im überseeischen Auslande machte sich mehr als je fühlbar und bildete 
den Gegenstand ernster und berechtigter Klagen deutscher Untertanen, die, von gesunder 
Unternehmungslust getrieben, sich im Auslande niedergelassen hatten oder dort deutschen 
Einfluß geltend zu machen strebten. Kein geringerer als der Kaiser war es, der dem 
deutschen Volke mit Erfolg klarmachte, daß die neue Zeit große Machtmittel erfordere, um 
den seit der Wiederherstellung des deutschen Reiches stark gewachsenen Uberseehandel und 
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