66 Die katholische Kirche. VIII. Buch.
Religiöse Orden. Im kirchlichen Leben des Katholizismus spielen die Orben
eine hervorragende Rolle. Dem Protestantismus fremd, haben
sie von jeher gegen Vorurteile zu kämpfen gehabt, zu denen freilich zuweilen auch das
unkluge Auftreten einzelner ihrer Angehörigen Veranlassung gegeben haben mag. Neben
dem katholischen Bayern, das Benediktiner, Franziskaner-Observanten und -Konven-
tualen, Kapuziner, Augustiner, Karmeliten, Redemtoristen, Salvatorianer aufweist,
und neben Hessen (und den Reichslanden) mit wenigen Niederlassungen von Männer-
orden ist Preußen der einzige deutsche Bundesstaat, in welchem — aufßer einigen
männlichen und weiblichen Genossenschaften für Krankenpflege und Zugendunterricht —
Benediktiner, Kartäuser, Zisterzienser, Trappisten, Franziskaner, Kapuziner, Domini-
kaner, Augustiner, Redemtoristen, Oblaten, Weiße Bäter, Bäter vom Hl. Geist, Steyler
Missionäre, Pallotiner u. a. eine Heimstätte gefunden haben. Sie alle widmen sich
Benediktiner. der Seelsorge, die Benediktiner daneben noch der Pflege kirch-
licher Musik und Kunst, teilweise auch der Wissenschaft. Aicht nur
um letzterer Zwecke willen mag dieser Orden die besondere Gunst des Kaisers gewonnen
haben. Das hohe Alter, auf das die Stiftung des Patriarchen des abendländischen Mönch-
tums zurückblickt, macht sie an sich schon ehrwürdig; nimmt man dazu die strenge Dis-
ziplin, die bei diesem Orden am wenigsten durch Einmischung in die Händel dieser Welt,
z. B. Politik, durchbrochen wird, die vornehme Zurückhaltung, die er allen nicht das Ge-
biet des Religiösen berührenden Angelegenheiten gegenüber stets beobachtet hat, so
versteht man, wie ein Fürst von dem soldatischen Geiste und der religiösen Anlage Wil-
helms lII. sich besonders für die Benediktiner erwärmen konnte. Die hohe Bedeutung,
welche das Stammkloster von Monte Cassino für die Kirchen-, Welt- und Kulturgeschichte
hatte, die Denkmäler deutscher Kunst, die es besitzt, und der Einfluß, den dort das deutsche
Element seit lange geübt hat, mögen den Kaiser bestimmt haben, den heiligen Berg zu
besteigen. Natürlich erfreuten sich auch die Benediktiner im Reiche selbst des besonderen
kaiserlichen Wohlwollens. Nachdem sie schon im Beginne der Friedenszeit das Beuroner
Kloster wieder hatten bevölkern dürfen, genehmigte Wilhelm II. im Zahre 1892 auch eine
Lih#iederlassung in Maria Laach, worüber er den stets von ihm ausgezeichneten Beuroner
Erzabt Pl. Wolter sofort telegraphisch benachrichtigte. Im Mai 1897 kam er selbst in das
Kloster, dem er einen kunstvollen Altar stiftete. Bereits vier Jahre später treffen wir
den kaiserlichen Gönner abermals dort und hören ihn rühmen „die großen Verdienste,
welche die Benediktiner um Wissenschaft und Kunst sich allezeit erworben“. Und als
er im Spätherbst 1910 in Beuron weilte, sprach er aufs neue seine Anerkennung aus,
daß die Benediktiner nicht nur die Religion aufrechtzuerhalten und zu stärken bestrebt,
sondern auch Kulturträger seien auf dem Gebiete des Kirchengesanges, der Kunst und
Wissenschaft; er erhoffe von ihnen wirksame Unterstützung in seinem Bestreben, dem Volke
die Religion zu erhalten. Das zwanzigste Zahrhundert habe Bestrebungen ausgelöst,
deren Bekämpfung nur mit gilfe der Religion und mit Unterstützung des Himmels
siegreich durchgeführt werden könne. Darum habe er dem Kloster ein Kreuz gestiftet
als Soymbol, daß auch der Krone ein Erfolg nur verbürgt sei, wenn sie sich stütze
auf das Wort und die Persönlichkeit des Herrn. Oiese Außerung erinnerte an das
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