Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
20 Die technischen Hochschulen. IX. Buch. 
  
fung der Baustoffe auf ihre Festigkeitseigenschaften, auch vereinzelt Laboratorien für 
Wasserbau, Institute für Geodäsie und Photographie oder für Luftschiffahrtsversuche 
sind als Sonderbauten errichtet worden und bedecken nicht mehr nur einen Bauplatz, 
sondern ein ansehnliches Gelände. 
Aber diese äußeren Erweiterungen sind die Anzeichen des inneren Umbaues. Weil 
nicht mehr wie früher die Maschine nur am Reißbrett entworfen, sondern in ihren Lebens- 
äußerungen, wie sie sich in den Energieumsätzen während des Betriebes zeigen, studiert 
werden soll, sind die Maschinenlaboratorien entstanden; die neuen Baustoffe, alle die 
neuen Ansätze technischer Entwickelung veranlassen Lehrer und Schüler zu vergleichenden 
experimentellen Studien. · 
Und gerade in dieser Richtung ergab sich ein schönes Zneinandergreifen des für die 
innere Entwicklung Erforderlichen und des großherzigen Aktes der Verleihung des Doktor-- 
titels. Die schönste Frucht dieses Titels ist die Arbeit, die er wachgerufen hat; eine Reihe 
von Experimentaluntersuchungen technisch wichtiger Vorgänge ist in der Form von 
Doktorarbeiten durchgeführt worden, die kaum anders als in jenen, auf wissenschaft- 
liche Ausnutzung angelegten akademischen Instituten unternommen werden konnten. 
Besuch der Hochschulen. Daß der gesamten Kulturentwicklung, die wir bier 
geschildert haben, in wachsendem Maße die Volks- 
kraft zuströmte, erscheint beinahe selbstverständlich. Die wachsende Zahl der 
Studierenden der Technik führte zur Begründung zweier neuen technischen Hoch- 
schulen in den östlichen Provinzen Preußens, die bisher nur in Berlin-Charlottenburg 
ihrer Zugend eine Stätte höherer technischer Ausbildung geboten hatten. Im Jahre 1904 
wurde die technische Hochschule in Danzig begründet, die einzige neben Berlin, auf der 
Schiffbau und Schiffsmaschinenbau durch eine besondere Abteilung vertreten ist. Im 
Jahre 1910 folgte die Gründung einer technischen Hochschule zu Breslau, die zunächst 
allerdings noch keine Abteilungen für Hochbau und Ingenieurbau besitzt. 
Von dem Anwachsen der deutschen technischen Hochschulen gibt die Zusammen- 
stellung der Besuchsziffern ein ungefähres Bild. Während 1890 die Zahl aller ihrer 
Besucher rund 5000 betrug, waren 1895 schon 10 000, 1900 bereits 15 000 vorhanden. 
Die Zahl der Vollstudierenden hält sich seit 1900 auf etwa 11 000, und war vorüber- 
gehend nahe 13 000. Oie besuchtesten Hochschulen sind München und Berlin, in weitem 
Abstande von ihnen folgen Karlsruhe, Darmstadt, Dresden, Hannover. 
  
Vorbereitung für das Oie Schilderung des technischen Hochschulwesens würde 
höhere Schulamt unvollständig sein, wenn nicht auch der Ausbildung ge- 
dacht würde, die Lehrer der höheren Schulen anihnen 
finden. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunders ist mehrfach der Bersuch her- 
vorgetreten, an den höheren technischen Lehranstalten auch für die Lehrerbildung zu 
sorgen. Zunächst handelte es sich darum, Lehrkräfte für technische Schulen aller Art 
zu bilden und somit an den technischen Hochschulen selbst für den eigenen Nachwuchs zu 
sorgen, aber auch die Lehrer der realistischen Fächer an den Gymnasien und Realgymna- 
  
  
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