Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
IR. Buch. Handelshochschulen. 23 
  
einiger Tages- oder Abendstunden in der Woche das Notwendigste der kaufmännischen 
Wissenszweige gelehrt wird. 
Handelsschule. Im Gegensatz zu den Fortbildungsschulen, deren Zöglinge be- 
reits im praktischen Leben stehen und größtenteils der Volksschule 
entstammen, nimmt der Unterricht der Handelsschule den Schüler bei vollem Tages- 
unterricht ganz in Anspruch und stützt sich auf die Vorbildung, welche derselbe bereits 
in den drei unteren Klassen der Nealschule erlangt hat. 
Die Handelsschule ist bestimmt zur Ausbildung leitender Kräfte im Detailgeschäft 
und der kaufmännischen Beamten mittleren Grades und als Vorschule für die Aus- 
bildung zum Handelsschullehramte. 
  
Handelshochschule. Wer aber die höchste Staffel der kaufmännischen und in- 
dustriellen Ausbildung ersteigen will, für den ist die Han- 
delshochschule bestimmt. Die Handelshochschule ist also nur für einen ausgewählten 
Kreis bestimmt, sie soll das Elitekorps des Kaufmannsstandes heranbilden. Die Han- 
delshochschulen werden nur in denjenigen Ländern Ezistenzberechtigung haben, in 
denen eine starke ODifferenzierung des Kaufmannsstandes in einen Klein-, Mittel- 
oder Großbetrieb stattgefunden hat und diese Differenzierung wird dann eintreten, 
wenn ein Land aus dem Stadium der überwiegenden Agrarentwickelung in das 
einer überwiegenden Industrieentwickelung übergegangen ist. Der Großkaufmann und 
Großindustrielle unserer Zeit muß den Weltmarkt beherrschen lernen, auf welchem die 
handeltreibenden Nationen um den Vorrang ringen. Und um den Weltmarkt be- 
herrschen zu können, muß man die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse der 
Hauptproduktions- und Hauptkonsumtionsländer kennen, und hierzu genügen weder 
die Praxis noch der Handelsunterricht auf mittlerer und höherer Stufe; hier stehen 
Probleme in Frage, zu deren Beherrschung die höchste Stufe des Unterrichts gerade gut 
genug ist. Deshalb sind auch die Einwendungen, die man von den verschiedensten 
Seiten gegen die Errichtung von Handelshochschulen erhoben hat, durch die praktische 
Entwickelung der Frage überholt worden. Am 25. April 1898 wurde die Handels- 
hochschule in Leipzig eröffnet und ihr folgte am 1. Oktober 1898 die Handelshochschule 
zu Aachen, die inzwischen wieder eingegangen ist; am 1. Mai 1901 wurde die Handels- 
bochschule zu Köln eröffnet und am 2. Oktober 1901 die Akademie für Sozial- 
und Handelswissenschaften zu Frankfurt a. M.; am 27. Oktober 1906 fand die 
Eröffnung der Handelshochschule zu Berlin statt. In Mannheim wurden die von 
der Stadtgemeinde mit Unterstützung der Handelskammer für den Kreis Mannheim 
unterhaltenen Handelshochschulkurse mit Genehmigung der Großh. Regierung im Ein- 
vernehmen mit der Handelskammer und der Universität Heidelberg vom Beginn des 
Sommersemesters 1908 ab als Handelshochschule erweitert. 
Die Handelsschule München, von der Stadt München, der Handelskammer 
München und dem Münchener Handelsoerein gegründet, wurde im Oktober 1910 eröffnet. 
Die Umwandlung der am 27. April 1907 eröffneten Handelshochschulkurse in 
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