26 Handelshochschulen. IX. Buch.
Tendenz besteht, die bei Universitätten und technischen Hochschulen geläufig gewordenen
Lehrmethoden auch auf die neue Anstalt zu übertragen. So wird von vielen Dozenten
der Handelshochschulen die Auffassung vertreten, daß die jungen Kaufleute in gleicher
Weise wie die Studierenden an der Universität größere geschichtliche Arbeiten anzu-
fertigen haben, daß die jungen Kaufleute in gleicher Weise auf den Gebieten der Juris-
prudenz und Volkswirtschaft möglichst zu der Höhe geführt werden müssen wie die Juristen
und Volkswirte auf der Universität. Diese Bestrebungen schießen meines Erachtens
über das Ziel hinaus. Umgekehrt muß es das Streben des Lehrkörpers sein, seine eigene
Handelshochschultradition zu schaffen. Es ist daher wünschenswert, daß eine Verwaltungs-
behörde vorhanden ist, die es in der Hand hat, einer Ubertreibung des Hochschulprinzips
entgegenzuwirken.
Was die Leitung der Handelshochschule anlangt, so gibt es zwei Systeme,
ständige oder wechselnde Rektoren bzw. Direktoren. Ich würde
das System eines wechselnden Rektors dem eines dauernden vorziehen. Einmal wird
die Selbständigkeit der einzelnen Dozenten erhöht, wenn ein jeder die BVerantwortung
in sich fühlt, diejenigen Grundsätze, die er als Dozent vertritt, später einmal als Rektor
zu betätigen. Ferner ist es nicht ausgeschlossen, daß der ständige Rektor Grundsätze ver-
tritt, die nicht im Interesse einer günstigen Entwickelung der Anstalt liegen, und es ist
richtig, daß durch ein wechselndes Rektorat Gelegenheit gegeben wird, ein Gegen-
gewicht zu bieten. Ich würde eine zwei- oder dreijährige Rektoratsperiode für das Er-
strebenswerteste halten. Ratürlich ist die Gleichwertigkeit des Kollegiums Vorbedingung.
Wo ein Lehrerkollegium nicht homogen ist, empfiehlt sich, daß der Wechsel nicht in so
kurzen Zwischenräumen stattfindet.
Die Lehrer zerfallen bei fast allen Anstalten in hauptamtliche, nebenamtliche und
Privatdozenten. Gerade die Großstadt bietet eine reiche Möglichkeit, hervorragende
AANutoritäten als nebenamtliche Dozenten in den Oienst der Handelshochschule zu stellen.
NRektorat.
Was die Aufnahmebedingungen betrifft, so besteht eine Ver-
schiedenheit insofern, als in Aachen die Bestimmung besteht, daß nur
solche Bewerber Aufnahme finden dürfen, die eine höhere neunjährige deutsche Lehr-
anstalt absolviert haben. Demgegenüber haben aber die übrigen Handelshochschulen an
dem Grundsatze festgehalten, daß das Einjährigenzeugnis genüge, wenn eine zwei- bis
dreijährige Lehrzeit hinzutrete. Und es kann schon heute festgestellt werden, daß an den
deutschen Handelshochschulen die Zahl der letzteren Kategorien die überwiegende ist,
und daß die Lehrer mit dieser Kategorie die besten Erfahrungen gemacht haben. Im
übrigen zerfallen die Besucher der Handelshochschulen in solche, die sich ausschließlich
dem Handelshochschulstudium widmen (Studierende), in solche, die an sich denjenigen
Anforderungen genügen, die an Studierende gestellt werden, die aber infolge ihres
Berufs nicht in der Lage sind, an allen Vorlesungen teilzunehmen und nur an einzelnen
in den MNorgen- und Abendstunden teilnehmen können (Hospitanten), und solche, welche
ohne Nachweis besonderer Vorbildung nur einzelne Vorlesungen besuchen (Hörer).
Aufnahme.
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