42 Das höhere Schulwesen. IX. Buch.
Beschluß erhoben; nach kurzem Zögern haben sich auch die übrigen deutschen Staaten
auf diesen Boden gestellt.
Der Allerhöchste Erlaß vom Die Lehrpläne von 1901 machten einen Anfang
. . damit, jede Schulform innerlich so auszugestalten,
. 11. 1900 und kung. «
26. 11. 1900 und seine Wirkung wie es ihrem didaktischen Grundgedanken ent-
spräche. So erhielt die Oberrealschule als einen besonderen Vorzug, auch dem Nealgymna--
sium gegenüber, geographischen Unterricht bis in die oberste Klasse, und damit eine wert-
volle Handhabe zur Konzentration, zu fruchtbarer Verbindung verschiedener wissenschaft-
licher Betrachtungsarten; am Gymnasium wurden die altsprachlichen Stunden, wenn auch
vorerst nur um ein geringes, vermehrt. Den Lehrplan der Untersekunda hatte vor zehn
Jahren die „Abschlußprüfung“ ins Gedränge gebracht und zu hastiger Vorwegnahme
mancher Dinge genötigt, die erst auf höherer Stufe gründlich erklärt werden sollten;jetzt, da
diese Prüfung nicht bestehen blieb, konnten die schlimmsten Störungen beseitigt und die
Klasse ihrer eigentlichen Aufgabe, zu der wissenschaftlichen Arbeit der Oberstufe hinzuleiten,
wieder mehr genähert werden. Die mit den Lehrplänen zugleich erlassene neue Ordnung
der Reifeprüfung bildete den schon 1891 aufgestellten Grundsatz weiter aus, daß Neben-
fächer schwächer zu werten seien als Hauptfächer: das entsprach dem leitenden Gedanken,
an jeder Anstalt das hervorzukehren, worin ihre besondere Kraft beruhte. Und indem die
mündliche Prüfung wieder zur Regel, die Befreiung davon wieder zur ehrenden #us-
nahme gemacht wurde, was sie Jahrzehnte bindurch (bis 1891) gewesen war, schien dafür
gesorgt, daß strenge Anforderungen aufrecht erhalten würden; im Interesse des Hochschul-
studiums wie des Berufslebens war das ja nötig, wenn die gewährte Freizügigkeit nicht
einen Zustrom unberufener Elemente herbeiführen sollte. So konnte man mit bestem
Vertrauen einer gesunden Entwickelung entgegensehen.
Fortschritte in höherer IV. Inzwischen war auch für die Hebung des weib-
Ausbildung der Mädchen lichen Bildungswesens rüstig weitergearbeitet worden.
An das Karlsruher Mädchengymnasium schloß sich 1899
ein gleiches in Stuttgart, ebenfalls zu sechs Klassen, deren unterste mit Latein begann.
In Preußen wurden Schulen dieses Typus noch nicht gestattet, sondern einstweilen nur
Fortbildungskurse von kürzerer Dauer, die den erfolgreichen Besuch einer vollständigen
höheren Mädchenschule voraussetzten. Solche entstanden in Breslau, Hannover, Frank-
furt a. M. Allgemein aber wurden Veranstaltungen für wissenschaftliche Fortbildung
ein immer dringenderes Bedürfnis. Es war erreicht worden, daß ein Bundesratsbeschluß
von 1899 die Zulassung von Frauen zur medizinischen Staatsprüfung aussprach. Oie
Folgerung, daß man ihnen dann auch das volle Recht geben müsse zu studieren, wurde
zuerst in Baden gezogen (1900/1901); die bayrische, die württembergische Regierung
folgten dem Beispiel: Preußen durfte nicht länger zurückbleiben. Die ärztliche Prüfung
wurde jetzt von Frauen bestanden, die Zulassung zum Staatsexamen für das höhere
Lehrfach erst einer einzelnen, dann allgemein gewährt (1905/1906). Die Festung war
so gut wie bezwungen; es konnte sich nur noch um die Bedingungen des Einzugs handeln.
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