Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
IX. Buch. Die Fach- und Fortbildungsschulen. 81 
  
präsidenten. Diesen sind jedoch zu deren Bearbeitung seit dem Jahre 1900 besondere 
technische Beamte mit der Antsbezeichnung „Regierungs- und Gewerbeschulrat“ bei- 
geordnet. Ferner ist zur ständigen technischen Beratung des Ministers für Handel und 
Gewerbe, dem seit 1885 das gewerbliche Unterrichtswesen untersteht, das Königliche 
Landes-Gewerbeamt errichtet, eine kollegiale Behörde, die die Aufgabe hat, an der 
Beaufsichtigung der gewerblichen Unterrichtsanstalten teilzunehmen, die im Inlande er- 
scheinenden, das gewerbliche Unterrichtswesen betreffenden Veröffentlichungen zu sam- 
meln und sostematisch zu ordnen, und über die Entwicklung des gewerblichen Unter- 
richtswesens Verwaltungsberichte zu erstatten. Diese Verwaltungsberichte sind bisher 
in den Jahren 1905, 1907, 1909 und 1911 erschienen und bieten zur Orientierung über 
den Stand des gewerblichen Unterrichtswesens in Preußen das beste Hilfsmittel. Die 
Einrichtung, daß die Fach- und Fortbildungsschulen nicht dem Unterrichtsministerium, 
sondern demjenigen Ministerium unterstellt sind, das zur Pflege von Handel und Ge- 
werbe berufen ist, findet sich auch in mehreren anderen Bundesstaaten. 
Die Vortbildungsschulen. 
Zu Beginn der Periode, von der hier zu 
handeln ist, also am Ende der 80er Zahre, 
bestand in den süddeutschen und in mehreren thüringischen Staaten sowie im 
Königreich Sachsen ein planmäßig entwickeltes Spstem von allgemeinen Fort- 
bildungsschulen. ODurch Landesgesetze, die zumeist in den 70er Jahren erlassen 
waren, war vorgeschrieben, daß in Anlehnung an die Volksschulen Fortbildungs- 
schulen zu errichten seien, deren Aufgabe es war, das in der Volksschule erworbene 
Wissen zu erhalten und zu befestigen. Zum Besuch dieser Fortbildungsschulen waren 
die aus der Volksschule entlassenen Knaben 1, 2 oder 3 Jahre in wenigen Wochenstunden 
verpflichtet. Ganz vereinzelt, nämlich in Baden und Sachsen-Meiningen, findet sich 
eine solche Verpflichtung auch für die schulentlassenen Mädchen, in anderen Bundes- 
staaten ist es den Gemeinden überlassen, die Verpflichtung auf die Mädchen auszudehnen. 
Die Aufgabe der allgemeinen Fortbildungsschulen ist, wie gesagt, die Pflege des Volks- 
schulwissens; sie sind daher nicht in dem Sinne Berufsschulen, in dem wir davon ge- 
sprochen haben. Trotzdem sind sie für die Entwicklung der beruflich gerichteten gewerb- 
lichen und kaufmännischen Fortbildungsschulen von großer Bedeutung gewesen, da durch- 
weg in den gesetzlichen Bestimmungen vorgesehen war, daß der Schulpflicht auch durch 
den Besuch einer gewerblichen oder kaufmännischen Fortbildungsschule ge- 
nügt werden konnte. Dies hatte zur Folge, daß die Gewerbetreibenden den Besuch 
dieser Schulen bevorzugten und ihre Errichtung förderten. Auf diesem Wege gelangte 
besonders in Baden das gewerbliche Fortbildungsschulwesen zu hoher Blüte. 
Allgemeine Fortbildungsschulen. 
  
Berufliche Fortbildungsschulen. Zn Preußen und den meisten anderen nord- 
deutschen Bundesstaaten sowie in Elsaß- 
  
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