84 Die Fach- und Fortbildungesschulen. IX. Buch.
dessen Besuch Staat und Gemeinde ihn zwingen, ganz von selbst danach, ob er ihm für
den erwählten Beruf erkennbaren Autzen bringt oder nicht. Nur wenn er erkennt,
daß das in der Schule Gebotene ihn beruflich fördert, wird er der erzieherischen Ein-
wirkung des Lehrers zugänglich sein. Die fachliche Gestaltung des Unterrichts steht
somit nicht im Widerspruch zu den erzieherischen Aufgaben der Schule, sondern bildet
vielmehr für deren Erfüllung die unentbehrliche Voraussetzung. Ganz in Aberein-
stimmung biermit sagen die neuen Bestimmungen des preußischen Handelsministers
(vom 1. Juli 1911) über Einrichtung und Lehrpläne der Fortbildungsschulen: „Die
Pflichtfortbildungsschule hat die Aufgabe, die berufliche Ausbildung der jungen
Leute zwischen 14 und 18 Jahren zu fördern und an ihrer Erziehung zu tüchtigen Staats-
bürgern und Menschen mitzuwirken.“
Am Schluß der Periode von 1888 bis 1913 bebt, wenn nicht alle Zeichen trügen,
für die Entwicklung der Fortbildungsschule eine neue Epoche an. Während nämlich von
der Bestimmung der Gewerbeordnungs-Movelle vom Jahre 1900, wonach die als Hand-
lungsgehilfen oder lehrlinge beschäftigten jungen Mädchen unter 18 Jahren der statu-
tarischen Fortbildungsschulpflicht unterworfen werden konnten, auffallend wenig Ge-
brauch gemacht worden ist, scheint, nachdem die Novelle von 1911 diese Beschränkung
beseitigt und die Einführung der Fortbildungsschulpflicht für alle Gruppen der gewerb-
lichen Arbeiterinnen unter 18 Jahren ermöglicht hat, das Interesse der Gemeinden
für diesen Zweig des Fortbildungsschulwesens erwacht zu sein. Zu Ostern 1913 hat
die Stadt Berlin die Pflichtfortbildungsschule für die jugendlichen Arbeiterinnen aller
gewerblichen Berufszweige eröffnet, und eine Reihe von Gemeinden ist im Begriff,
diesem Beispiel zu folgen.
Lehrpläne der gewerblichen Die gesetzlichen und die statutarischen Beftim-
Fortbildungsschulen. mungen sehen im allgemeinen eine drei-
“ jährige Verpflichtung zum Besuch der Fort-
bildungsschule vor. Dem entspricht der die Regel bildende dreiklassige Aufbau der
Fortbildungsschule. In kleineren Orten müssen allerdings der geringeren Schülerzahl
wegen alle drei Jahrgänge in zwei oder sogar in einer Klasse vereint werden.
Der UAnterricht in der Fortbildungsschule soll, wie schon erwähnt, die Ausbildung
in Werkstatt und Kontor fördern und ergänzen. Im Mittelpunkte des Lehrplans
steht daher der Beruf des Schülers. Da die Schule die Prakis nicht verdrängen
oder ersetzen will, beschränkt sich der Unterricht auf wenige Stunden in der Woche;
in der Regel sind es sechs, seltener acht oder mehr, und bei den ungelernten
Arpbeitern häufig sogar nur vier Stunden wöchentlich, die die jungen Leute der Fort-
bildungsschule angehören. Innerhalb dieser geringen Unterrichtszeit aber soll die
Schule bieten was möglich ist, um die Schüler beruflich zu fördern. Bei der gewerb-
lichen Fortbildungsschule für die einem gelernten Beruf angehörigen Schüler steht daher
in erster Linie die Einführung in die Fachkunde. Die Arbeitsvorgänge, die dem
Schüler aus der Werkstatt vertraut sind, die Rohmaterialien, die Werkzeuge und Ma-
schinen, mit denen er arbeitet, werden ihm zu tieferem Verständnis gebracht, um ihn
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