4 Philologie. X. Buch.
politisch so viel näherstehenden großen Kolonialvölker an Gelegenheit uns voraus. —
Und der Orient ist erwacht. Tausende und Abertausende von Bänden moderner und
alter Literatur werden alljährlich im Orient gedruckt, 700—800 arabisch gedruckte Zeitungen
und Zeitschriften konnten nachgewiesen werden — kurz, bier liegt noch eine ganz gewaltige
Stoffülle vor uns, die es jetzt, nachdem die Grundlagen gelegt sind, auch lohnt, ja auf
denen es jetzt erst möglich wird, mit moderner wissenschaftlicher Kritik nutzbringende
Arbeit zu leisten. Nicht politisch, nein geistig muß der Orient unser werden!
Ahnlich wie mit dem Orient ging es mit dem dunklen Afrika. Soweit die islamische
Kulturschicht reicht, wird man es zum Orient rechnen dürfen, aber die Grenze ist schwan-
kend. ODie afrikanische Philologie ist noch ein schwaches Pflänzchen. Bei den Hunderten
von Sprachen, die zum Teil erst mangelhaft, zum Teil noch gar nicht fixiert sind, mag es
tollkühn erscheinen, gewisse Sprachgruppen zu sondern, und doch hat man es mit Recht
gewagt. Neben den semitischen Sprachen scheinen sich drei große Hauptgruppen von Spra-
chen zu sondern, die hamitischen, die Bantu- und die Sudansprachen, letztere noch deutlich
als ursprünglich isolierende Sprachen erkennbar, erstere den semitischen nahestehend und
die Bantusprachen als ein Mischprodukt. Die ethnographischen Voraussetzungen der Ur-
geschichte Afrikas scheinen damit übereinzustimmen, aber diese Thesen sind noch umstritten.
Die Realienforschung ist in Afrika Ethnographie. Auch hier sind die Fortschritte erstaun-
lich, und mit Hilfe alter Uberlieferungen und einheimischer muhammedanischer Ge-
schichtsquellen, die uns immer reichlicher zufließen, ersteht ein Bild der Geschichte #Afrikas,
das uns weit über die großartigen Entdeckungen Barths und Nachtigals hinausführt.
Man staunt täglich aufe neue, wieviel uns Ifrika noch zu erzählen hat.
Bei so viel Stoff ist die Beschränkung auf einige Andeutungen bitter; bitterer ist
die Erkenntnis, auf wie wenig Schultern auch heute noch die gewaltige Arbeitslast ruht,
die im Interesse des Deutschlands von Morgen geleistet werden muß. Der Ruf nach neuen
Arbeitsgenossen verbindet sich mit dem ehrfurchtsvollen Danke an die, welche uns die
Wege gewiesen haben.
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