26 Eisenbahnen, Straßen- und Luftverkehr, Post und Telegraph. VII. Buch.
strecken bestehende Verkehrsstraße quer durch Afrika vom indischen bis zum atlantischen
Ozean eröffnen zu können.
Ein ganzes Aetz von Bahnen ist in Deutsch-Südwestafrika entstanden, wo von
den Küstenplätzen Swakopmund und Lüderitzbucht aus Stichbahnen bis tief in das
Innere hergestellt und durch eine mächtige Nord-Südlinie Karibib—Windhuk—Keet-
manshoop miteinander verbunden wurden. Has Eisenbahnnetz in Deutsch-Südwest-
afrika ist mit fast 2000 km das größte in den deutschen Schutzgebieten.
Kleinere, aber wirtschaftlich nicht unbede utende Aufschließungslinien sind in Togo
und Kamerun teils ausgeführt, teils im Bau begriffen.
Die deutschen Kolonialbahnen sind fast durchwegs Staatsbahnen im Besitze der
Schutzgebiete selbst. Einige wichtige Linien sind erst neuerdings in das Eigentum des
Reichs übergegangen. Den Betrieb führen jedoch Privatgesellschaften gegen Entrichtung
eines Bahnpachtzinses.
Die Bahnen sind teils in Meterspur, teils in Kapspur (1,067 m) ausgeführt.
Die Kapspur ist die Spurweite der englischen Bahnen in Südafrika und der Kap-Kairo-
Bahn, die nach Cecil Rhodes kühnem Plan den afrikanischen Kontinent von Süden nach
Norden in einer Länge von 9500 km (mit Einschluß der Dampfschiffstrecken) durchziehen
soll, allerdings jetzt noch eine Lücke von 3500 km aufweist. Wo bei unseren deutschen
Kolonialbahnen ein Anschluß an die englischen Bahnen in Südafrika oder an die Kap-
Kairo-Bahn künftig in Frage kommen kann, wurde die Kapspur gewählt. #6
Das Anlagekapital der Bahnen in den deutschen Schutzgebieten wird Ende 1913
auf etwa 378 Millionen Mark angewachsen sein. Es beträgt ungefähr 84 000 Mark für
das Kilometer, nicht ganz ein Orittel des Anlagekapitals der deutschen Bahnen im Mutter-
land. Im Zahre 1911 haben die deutschen Kolonialbahnen eine Verzinsung des An-
lagekapitals von 2,20% aufgebracht, ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis, wenn man
berücksichtigt, daß sie Erschließungsbahnen sind, die in allererster Linie der wirtschaft-
lichen Hebung der Schutzgebiete dienen sollen.
Wie die kürzlich erschienene ODenkschrift des Reichskolonialamts feststellt, haben
die neu in Betrieb gesetzten Bahnen vielfach einen geradezu erstaunlichen Einfluß auf
die Kolonialwirtschaft ausgeübt, weshalb bei der Beurteilung ihrer Wirtschaftlichkeit
vor allem die indirekte Rentabilität berücksichtigt werden muß. Die Bahnen in
den Schutzgebieten mehren die Einnahmen an Zöllen und Steuern, mindern die
Ausgaben für die Verwaltung und militärische Sicherung der Schutzgebiete und decken
auf diese Weise wenigstens mittelbar die Verzinsung ihres Anlagekapitals.
In Deutsch-Ostafrika mußte, solange es keine Bahnen gab, ausschließlich der Mensch
die Lasten tragen. Aber der Trägerverkehr ist langsam und teuer. Mehr als 25—35 kg
nimmt ein Träger nicht. Er muß daneben noch seine Lebensmittel und die Atensilien für
die tägliche Rast tragen. Ze nach den Verhältnissen müssen für die Beförderung der Lasten
Preise von 0,60—2,30 Mark für das Tonnenkilometer bezahlt werden. Auch bei der
in Togo üblichen Lastenbeförderung in Karren, die von Menschen gezogen werden, und
bei dem in Südafrika vorherrschenden Transport im Ochsenwagen betragen die durch-
schnittlichen Frachtenpreise O,60—1,70 Mark für das Tonnenkilometer. Die Tarife der
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