Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
74 Mathematik. X. Buch. 
  
Auflage ausgegeben. Im Jahre 1829 geboren, wagte es der gefeierte siebzigjährige 
Historiker der Mathematik, der lange Zeit als einziger deutscher Universitätsprofessor 
das Fach der Geschichte der Mathematik vertreten hatte, nun nicht mehr, seine Darstel- 
lung über das erreichte Endjahr 1758 fortzuführen. Unter seiner Vermittlung und mit 
Unterstützung der Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner gelang es aber, für den vierten 
Band, der die Periode von 1759 bis 1799 umfaßt, eine Reihe bedeutender Forscher 
zu gewinnen, von denen jeder die Geschichte eines einzelnen Gebietes bearbeitete, 
während Cantor selbst nur den kurzen Uberblick über die behandelte Zeit im Schluß- 
kapitel lieferte (S. 1077—1096). Dieser vierte Band der Vorlesungen über Geschichte 
der Mathematik schließt das monumentale deutsche Werk, das zwar immerfort kleine 
Ausbesserungen erfährt, die in der Bibliotheca Mathematica fortlaufend erscheinen, 
das aber für alle Zeiten als ein Denkmal eines deutschen Gelehrtenlebens gelten 
wird. 
Neben diesem großen bistorischen Werke sind viele andere geschaffen worden, die 
das Znteresse bekunden, welches der lange vernachlässigten Geschichte der Mathematik 
in Deutschland entgegengebracht wird. Zunächst sind die „Abhandlungen zur Geschichte 
der mathematischen Wissenschaften mit Einschluß ihrer Amwendungen"“ zu nennen. In 
diesen einzeln ausgegebenen Heften ließ M. Cantor ursprünglich solche Beiträge er- 
scheinen, die so umfangreich waren, daß sie in der historisch-literarischen Abteilung der 
Zeitschrift für Mathematik und Phpsik nicht Platz finden konnten; sie wurden damals 
als Supplemente zu dieser Zeitschrift bezeichnet. Gegenwärtig erscheinen sie als zwang- 
lose Hefte einer selbständig veröffentlichten Sammlung. Bis 1912 wurden 30 solcher 
Hefte gezählt, von denen einzelne zu starken Bänden angewachsen sind. So umfaßt 
das Heft IX, die Festschrift zu M. Cantors siebzigstem Geburtstage, 657 Textseiten; 
das Heft XVI, Wölffings „Mathematischer Bücherschatz“ hat 416 Textseiten, und 
Zeuthens „GSeschichte der Mathematik im 16. und 17. Jahrhundert“ als Heft XVII 
erreicht 434 Seiten. 
Während diese Reihe historischer Arbeiten zuerst mit der Zeitschrift für Mathematik 
und Physik durch die Person von M. Cantor in Verbindung stand und damals haupt- 
sächlich Einzelforschungen enthielt, sind aber auch manche andere zusammenfassende 
Darstellungen aus der Geschichte der Mathematik abseits von jener Zentralstelle geschaffen 
worden. Wir nennen nur folgende Werke: JZ. Tropfke, Geschichte der Elementar- 
Mathematik in sostematischer Darstellung (2 Bände, Leipzig 1902 und 1903), 
A. v. Braunmühl, Vorlesungen über Geschichte der Trigonometrie (2 Teile, Leipzig 
1900 und 1903), M. Simon, Geschichte der Mathematik im Altertum in Verbin- 
dung mit antiker Kulturgeschichte (Berlin 1909), S. Günther, Geschichte der Mathe-- 
matik, I. Teil. Von den ältesten Zeiten bis Cartesius (Leipzig 1908), H. Wieleitner, 
Geschichte der Mathematik, II. Teil. Von Cartesius bis zur Wende des 18. Zahrhun- 
derts. 1. Hälfte (Leipzig 1911). Diese wenigen Anführungen müssen hier genügen, um 
eine Vorstellung von dem regen Wirken der Forscher auf dem Gebiete der Geschichte 
der Mathematik zu geben, und wir wenden uns zu den Ausgaben der Werke großer 
Mathematiker. 
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