Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
82 Mathematik. X. Buch. 
  
in seinem Referate über diese Arbeit: „Der Verfasser ist zu den Ergebnissen der vor- 
liegenden Untersuchung durch die Aufgabe geführt worden, die bisher nur für Systeme von 
binären und für die einfachsten ternären Formen nachgewiesene Exzistenz „voller Spsteme 
von Grundformen“, durch welche sich alle weiteren invarianten Bildungen der Urformen 
ganz rational ausdrücken lassen, auf Systeme beliebiger Formen mit beliebigen Variabeln--- 
reihen auszudehnen. Indem er aber dieses sein erstes Ziel dadurch erreicht, daß er den 
Kern der Frage von dem engeren Gebiet der Invariantentheorie loslöst und als eine 
fundamentale Eigenschaft von unendlichen Sostemen algebraischer Formen überhaupt 
statuiert, gelingt es ihm, darüber hinaus eine Reihe von Sätzen nachzuweisen, welche die 
von Kronecker einerseits, von Dedekind und Weber andererseits begründete Theorie 
der algebraischen Moduln weiterführen und zugleich bemerkenswerte Anwendungen 
auf Zahlentheorie, Agebra und Geometrie zulassen.“ 
Die Determinantentheorie, deren Entstehung 
bis auf Leibniz zurückführt, ist in der zu besprechen- 
den Periode besonders durch den sorgfältigeren Ausbau der Theorie der 
Matrizen auf eine höhere Stufe gebracht worden. Unter den hierher gehörigen Arbei- 
ten sind vor allem die Abhandlungen von G. Frobenius zu nennen. Auf die Bedeu- 
tung dieser Untersuchungen für die Determinantentheorie hat unter anderem Hensel 
in seiner Bearbeitung der Kroneckerschen Vorlesungen über die Theorie der Determi- 
nanten nachdrücklich hingewiesen (Bd. I, 1905. Bd. II ist nicht erschienen). „Ein den 
Anforderungen der modernen Wissenschaft entsprechendes Lehrbuch der Determinanten- 
theorie darf diese Untersuchungen (über das große Gebiet der Soysteme oder Matri- 
zen) jetzt um so weniger übergehen, als neuere Arbeiten von Frobenius gezeigt haben, 
wie wunderbar einfach sich mit ihrer Hilfe die wichtigen und schwer beweisbaren Resul- 
tate von Weierstraß und Kronecker über die Tquivalenz von Formenscharen ablesen 
lassen.“ 
Determinanten, Matrizen. 
  
Zu den formalen Teilen der Algebra gehört die Theorie der 
Substitutionsgruppen, deren Ausbildung vor der zu be- 
handelnden Periode liegt. H. Weber sagt in seinem „Kleinen Lehrbuch der Algebra“ 
(1912): „Es sind hauptsächlich zwei große allgemeine Begriffe, von denen die moderne 
Algebra beherrscht wird. Die Exristenz und Bedeutung dieser Begriffe konnte allerdings 
erst erkannt werden, nachdem die Algebra bis zu einem gewissen Grade fertig und zum 
Eigentum der Mathematiker geworden war. Erst dann konnte in ihnen das verbindende 
und führende Prinzip erkannt werden. Es sind das die Begriffe der Gruppen 
und des Körpers.“ Dieser Wertschätzung entsprechend ist die Gruppentheorie neuer- 
dings sorgfältig gepflegt worden, in Deutschland besonders von Frobenius, seinem 
Schüler J. Schur und einigen anderen Mathematikern. Der Gruppenbegriff in seiner 
Erweiterung hatte schon vorher in den genialen Arbeiten von S. Lie über die Trans- 
formationsgruppen seine Macht erwiesen. Seine von Fr. Engel und G. Scheffers 
herausgegebenen, zusammenfassenden Werke sind in demletzten Jahrzehnt des verflossenen 
Gruppentheorie. 
  
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