X. Buch. Mathematik. 83
Jahrhunderts erschienen und zeigen, wie der Gruppenbegriff in allen Teilen der Mathe-
matik seine Herrschaft ausübt.
Algebra. Der ZInhalt des Teiles der Mathematik, der unter dem Namen Algebra be-
— griffen wird, ist in dem zweibändigen Lehrbuche der Algebra von H. Weber
zusammengefaßt (1898 u. 1899), das vielen jungen und alten Mathematikern als Richt-
schnur dient.
Die Bemühungen um die Fortführung der Auflösungen der algebraischen Glei-
chungen mußten sich nach der prinzipiellen Erledigung der allgemeinen Fragen bei den
Gleichungen fünften Grades durch die erschöpfende Darstellung in F. Kleins Vor-
lesungen über das Zkosaeder und die Auflösung der Gleichungen fünften Grades (1884)
natürlich zunächst auf die Gleichungensechsten Grabes konzentrieren. Die vorhandenen
Analogien zwischen den Auflösungsmethoden für die allgemeine Gleichung fünften
Grades und für die des sechsten Grades führte Klein dann in einer Abhandlung zum
Dirichletbande des Crelleschen Journals (1905) durch. Die dazu nötigen Rechnungen
vollendete zufolge einer Aufforderung von F. Klein sein wissenschaftlicher Freund
P. Gordan in einer großen Arbeit der Mathematischen Annalen. Es kam hier darauf
an, ein gewisses Gruppenproblem (das „Valentinerproblem)) rechnerisch in dem-
selben Sinne zu bearbeiten, wie dies bei dem Ikosaederproblem für die Gleichungen fünf-
ten Grades von F. Klein geschehen war. In betreff der übrigen Arbeiten zur Algebra
müssen wir uns damit begnügen, nur auf solche noch flüchtig hinzuweisen, die sich, wie
die scharfsinnigen Untersuchungen von F. Mertens, mit einzelnen der viel umworbenen
Klassen auflösbarer Gleichungen beschäftigen.
Algebraische Funktionen. Den Übergang zur Betrachtung der Leistungen in
der Analysis machen wir durch die „Theorie der
algebraischen Funktionen einer Variabeln“, von der K. Hensel und G. Lands-
berg in ihrem so betitelten Werke (1902) sagen, es habe sich „den Forschern mehr
und mehr die Uberzeugung aufgedrängt, daß der leichteste und sicherste Eingang
in diese Theorie durch eine wesentlich arithmetische Betrachtung der rationalen und der
algebraischen Funktionen gewonnen werden kann, selbstverständlich unter organischer
Einführung der hierher gehörigen Resultate aus der Funktionentheorie, welche ja in
der von Weierstraß gegebenen Harstellung selbst arithmetischen Charakter besitzt.
Bei dieser Problemstellung scheint diese Disziplin nahe verwandt mit der allgemeinen
Theorie der algebraischen Zahlen und mit derjenigen der algebraischen Flächen; aber es
zeigt sich, daß sie die einfachste und einheitlichste unter ihnen ist, und daß ihre Methoden
vielleicht noch weiter führen und tiefer in das behandelte Gebiet eindringen, als dies
in der höheren Arithmetik und in der Lehre von den algebraischen Flächen der Fall ist“.
Wie in der Schlußvorlesung dieses Werkes näher ausgeführt
ist, stand die Entwicklung der Analysis in dieser Epoche unter
dem stetig nachwirkenden Einflusse der beiden größten
Funktionentheorie.
Schwarz.
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