R. Buch. Mathematik. 91
Schritt gehalten mit der Theorie der algebraischen Formen und der algebraischen Funk-
tionen. Aus der Fülle der einzelnen Erscheinungen können wir hier nichts Besonderes
herausnehmen und näher besprechen.
Die Differentialgeometrie ist ebenfalls liebevoll gepflegt
worden. Von den Fragen, die in den letzten Jahr-
zehnten besonders auf der Tagesordnung gestanden haben, ist die Deformation
der krummen Oberflächen zu nennen. Unter den deutschen Forschern erwies sich
als Meister in der Behandlung dieser Frage der vor wenigen Jahren (1910) abge-
schiedene J. Weingarten, der mit seiner Preisschrift „Sur la déformation des
surfaces“ 1894 den großen Preis der Pariser Akademie errang, und dessen Name in den
WFlächen fortleben wird. Auch hier müssen wir uns mit diesen wenigen Bemerkungen
begnügen, wollen aber doch zuletzt noch das eben erschienene Buch „Grundlagen der Oiffe-
rentialgeometrie“ von J. Knoblauch erwähnen, diesem unermüdlichen Forscher auf
dem von zahllosen Formeln überwucherten Felde.
Differentialgeometrie.
Die Liniengeometrie wurde in Fortsetzung der von Kummer
und Plücker begonnenen, von F. Klein und Lie durchge-
fübrten Untersuchungen nach vielen Richtungen weiter ausgebaut. Unter den deutschen
Arbeiten ragt durch prinzipiell hochbedeutsame Eigenschaften das Buch von E. Study
hervor: „Geometrie der Dynamen"“. Zn ihm wird die Frage nach der konstruktiven
Darstellung und Zusammensetzung von Dynamen, d. h. von Kräften, die einen starren
Körper angreifen, als Ausgangspunkt genommen für tiefliegende Untersuchungen geo-
metrischen, also rein theoretischen Inhalts.
Liniengeometrie.
Die Literatur der mehrdimensionalen Geo-
metrie ist bedeutend gewachsen; die Schriften
bewegen sich zum Teil in rein geometrischer Behandlungsweise (Schoute, in
Sammlung Schubert, Bd. 35 u. 36), zum Teil aber in analytischer Methode — dieses
weniger in Deutschland als in Ztalien. Die hierbei erhaltenen Zahlenergebnisse sind
der abzählenden Geometrie zuzurechnen, einem Gebiete, das von H. Schubert durch
das „Prinzip von der Erhaltung der Anzahl“ zu besonderer Tragweite geführt war.
Aeuerdinge ist dieses „Prinzip“ von der Seite der streng kritisierenden Mathematiker
scharf angegriffen, von der Seite der produktio schaffenden, ebenso lebhaft verteidigt
worden.
Wehrdimensionale Geometrie.
Geometrische Verwandtschaften. Die Lehre von den geometrischen Verwandt-
schaften fällt, wenn man sie analytisch be-
trachtet, unter die Lehre von den Transformationen durch Substitution und ist sowohl
unter diesem Gesichtspunkte, als auch (wie oben bei R. Sturm erwähnt) vom rein
geometrischen aus vielfach behandelt worden. Wir weisen nur auf die Cremona--
Transformationen hin. Recht ausgedehnte Arbeiten hierüber liegen von S. Kantor-
78a* 1235