VII. Buch. Eisenbahnen, Straßen- und Luftverkehr, Post und Telegraph. 4
andererseits auf sonstige besondere Ursachen (wie auf durchgreifende Besoldungs- oder
Lohnaufbesserungen) zurückzuführen sind. Im Ganzen bewegten sich die erzielten Über-
schüsse auf mäßiger Höhe; erst das Zahr 1911 brachte einen Gesamtüberschuß der deut-
schen Postverwaltungen, der erstmals die Grenze von 100 Millionen Mark, und zwar
um 12½ Millionen Mark überschritt. Im Ubrigen spiegelt sich die Entwicklung des Post-
und Telegraphenwesens, wie es sich seit der Regierungsübernahme durch Kaiser Wil-
helm II. gestaltete, entsprechend wieder in den Finanzergebnissen der deutschen Post-
verwaltungen. Von 1887 — 1911 haben sich die Gesamtbetriebseinnahmen von
213,4 auf 858,1 Millionen Mark, die Gesamtbetriebsausgaben von 183,1 auf
745,6 Millionen Mark vermehrt, mithin je vervierfacht.
Oie Entwicklung der Post und Telegraphie in Deutschland bietet daher auch nach
der finanzwirtschaftlichen Seite ein erfreuliches Bild.
Rückblick über Post- und Läßt man die letzten 25 Zahre der Geschichte der
deutschen Post und Telegraphie an dem prüfenden
Blicke vorüberziehen, so kann nicht verkannt werden, daß
wir eine Periode sieghaften Fortschrittes und reicher Erfolge durchlebt haben. Die deutschen
Postverwaltungen haben zu ihrem Teile zur Förderung der Volkswohlfahrt mächtig bei-
getragen und in Verfolgung weitausschauender Verkehrspolitik auf allen Gebieten ihres
Wirkungsfeldes fruchtbringende Arbeit geleistet. Sie haben in ihren Neuerungen und
Verbesserungen mit den wirklichen Bedürfnissen des wirtschaftlichen, geistigen und so-
zialen Lebens Schritt gehalten; ja sie sind solchen Bedürfnissen vielfach zuvorgekommen.
Manche berechtigte Verkehrswünsche harren freilich noch der Erfüllung, so die allmähliche
weitere Ausdehnung des billigen Briefportos (10 Pfennig) im internationalen Ver-
kehr, die Reform des Postpakettarifes für Gegenstände in den Gewichtsstufen über 5 kg,
die Anderung des Fernsprechgebührentarifs, die Schaffung einheitlicher Gebühren im
europäischen Telegrammverkehr usw. Alles in allem aber darf den Deutschen der von
keinem Lande der Erde übertroffene Hochstand des vaterländischen Post- und Telegraphen--
wesens mit stolzer Freude erfüllen.
Telegraphenwesen.
Schlußbetrachtung. Der Verkehr eines Volkes ist eine Außerung seiner Kultur.
In den Anfängen der Kultur begegnen wir der primitiosten
Art der Verkehrsbetätigung, mit dem Voranschreiten der Kultur hebt sich gleich-
mäßig der Verkehr. Kulturrückfälle bedeuten zugleich Verkehrsrückschritte. Wie
innig, ja geradezu gesetzmäßig der Zusammenhang zwischen Kultur und Verkehr
ist, zeigt die Geschichte aller Zeiten und Völker, am augenfälligsten die lebende
Gegenwart. Deutschland hat in langen Friedensjahren seine ganze Volkskraft in
ihren wirtschaftlichen, geistigen und gesellschaftlichen Beziehungen zu ungeahnter
Höhe entwickeln können. Im friedlichen Wettstreite mit den anderen Kulturnationen ist
es in vorderster Reihe geblieben. Wenn auch manche gesellschaftliche und politische Ent-
wicklungen mit Sorge erfüllen können, so ist doch der gewaltige Kulturaufstieg unseres
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