54 Wasserstraßen und Binnenschiffahrt. VII. Buch.
geben, daß aber bei weniger schlanker, der Kastenform sich mehr annähernder Gestaltung
des Schiffskörpers auch größere Tragfähigkeiten erzielt werden können, wie das tatsäch-
lich sowohl im Osten als im Westen geschieht. Der kleinere Schiffstypus des Ostens
rechtfertigt sich hauptsächlich dadurch, daß dort das Bedürfnis nach Beförderung großer
Gütermengen in Einheitsladungen nicht in gleichem Maße vorhanden und auch der
Wettbewerb der Eisenbahnen — bei der größeren Weitmaschigkeit ihres Netzes — weniger
fühlbar ist.
Der dem Wesen des Verkehrs entsprechende Zug nach
Vereinheitlichung ist in den Einrichtungen des deutschen
Wasserstraßennetzes mit seiner zunehmenden Ausdehnung und Bedeutung auch insofern
hervorgetreten, als man in der Fahrwasserbezeichnung zusammenhängender Schiffahrts-
wege die frühere Mannigfaltigkeit möglichst beseitigt und eine größere Gleichmäßigkeit
— namentlich auf dem Rhein — herbeigeführt oder angestrebt und vorbereitet hat. Auf
demselben Gebiete ist weiter die Schaffung einheitlicher Eichungsvorschriften zu verzeich-
nen; es wurde eine Schiffsvermessung für fast alle deutschen Binnengewässer eingeführt,
die das Ablesen des Gewichts der Ladung von außenbords angebrachten Maßstäben ge-
stattet, was nicht nur im Interesse des der Binnenschiffahrt sich bedienenden Handels lag,
sondern auch die Beziehungen der Schiffahrt zu Staat und Gemeinden — namentlich in
Bezug auf die Erhebung von Grenzzöllen, Schiffahrtsabgaben und Hafengebühren —
sehr erleichterte. Die Eichungsvorschriften sind freilich im einzelnen noch nicht ganz über-
einstimmend für ein westliches Gebiet, das den Rhein mit seinen Nebenflüssen, die reichs-
ländischen Kanäle, den Dortmund-Ems- und Ems-Jadekanal umfaßt, und für die Gesamt-
heit der östlich davon liegenden Binnenschiffahrtswege. Für das erstere Gebiet gelten
die in einem Abkommen von 1898 mit Frankreich, Belgien und Holland aufgestellten
Regeln, während für das östliche die Vorschriften des deutsch-österreichischen Abkommens
von 1899 über die Eichung der Elbschiffe allgemein eingeführt sind; binsichtlich der Er-
gebnisse sind die Eichungen beider Gebiete gleichwertig.
Die Entwickelung zur Einheit und Gleichheit in den deutschen Binnenschiffahrts-
einrichtungen wird weitere Fortschritte machen in dem Maße, als der Zusammen-
schluß der bisher noch getrennten Stromgebiete durch Kanalverbindungen
sich vollzieht. Das steht in kurzer Zeit bevor hinsichtlich der Stromgebiete des Rheins,
der Ems und der Weser, zwischen welchen voraussichtlich von 1914 an der wechselseitige
Übergang der Beförderungsmittel möglich sein und stattfinden wird.
Die Verbindung zwischen Weser und Elbe war von der preußischen Negierung in
den Gesetzesvorlagen von 1899 und 1901 geplant und lebhaft befürwortet; gegenüber
dem Widerstande der Volksvertretung, der sich auf wirtschaftspolitische und finanzielle
Bedenken stützte, wurde in der letzten Vorlage von 1904 auf diese Verbindung ver-
zichtet und der Rhein-Weserkanal nur bis Hannover östlich durchgeführt. Das Gesetz
vom 1. 4. 1905, das die Mittel hierfür ebenso wie für eine ganze Reihe von anderen
künstlichen und natürlichen Wasserstraßen bewilligte, enthielt zugleich die Bestimmung,
daß die Aufwendungen zur Verbesserung der letzteren Gruppe von Schiffahrtswegen
Vereinheitlichung.
926