208 Zoologie. X. Buch.
als Neovitalismus in Blüte stehenden Naturphilosophie zu enden. Auf die ein-
zugehen, ist hier nicht der Ort, jedoch seien Interessenten auf einige van ODriesch's
Schriften verwiesen (Philosophie des Organischen 1908, Die Biologie als selbständige
Grundwissenschaft 1911, Ordnungslehre 1912).
Im Alnschluß hieran sei noch mit kurzen Worten eines ebenfalls
nach der Seite der Philosophie hinneigenden Zweiges unserer
Wissenschaft gedacht, nämlich der Tierpsychologie, welche neuerdings wieder weiter-
gehendes Interesse erregt und eine Reihe bemerkenswerter Ergebnisse zu verzeichnen
hat. Bei der großen Schwierigkeit der Beurteilung der verschiedenen hierbei in Be-
tracht kommenden Faktoren ist es begreiflich, daß die auf diesem Gebiet erzielten Fort-
schritte bisher noch keine allzu großen waren, immerhin ist man auch hier durch Ver-
besserung der Untersuchungsmethoden und auf experimentellem Wege in der Beurteilung
der kurz als geistige Fähigkeiten zusammenzufassenden Eigenschaften der Tiere weiter
gekommen, wenn auch gerade auf diesem Gebiet noch sehr viel zu tun übrigbleibt. Ob
die mehr sprungweise auftretenden, anscheinenden Fortschritte in der Erkenntnis, welche
wie bei den denkenden Pferden einen hohen Grad in der Entwicklung der geistigen
Fähigkeiten bei Tieren anzuzeigen scheinen, in Wirklichkeit so anzusehen sind und objek-
tioster Prüfung standhalten, wird noch zu erweisen sein. Das große Aufsehen, das
die sich steigernden Nachrichten über jene Versuche und Beobachtungen erregten, zeigen
jedenfalls, welches weitgehende Interesse diesem Gebiete mit Recht entgegengebracht
wird. Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß das Auftreten und die allmähliche Ent-
wicklung der geistigen Fähigkeiten bis zu der Höhe, wie wir sie vom Menschen kennen,
mit zu den interessantesten und wichtigsten Fragen der naturwissenschaftlichen. For-
schung gehören.
Tierpsychologie.
Schlußwort. Wenn im vorstehenden versucht wurde, von dem jetzigen Zustand der
zoologischen Wissenschaft und ihrer Entwicklung im letztvergangenen
Bierteljahrhundert ein Bild zu geben, so bittet der Verfasser zum Schluß nochmals um
Nachsicht dafür, daß es kein ganz vollständiges und gleichmäßiges werden konnte. Ent-
sprechend dem verschiedenartigen Fortschreiten einzelner Gebiete und der größeren Be-
deutung, welche manche von ihnen zeitweise erlangten, mußten gewisse Partien hervor-
gehoben, andere dagegen mehr zurückgedrängt werden. Bei der Behandlung eines be-
stimmten Zeitabschnittes wird dies jedoch nicht anders möglich sein und die große Ver-
schiedenartigkeit der in unserer Wissenschaft vereinigten Gebiete vergrößert die Schwierig-
keit der Darstellung innerhalb eines recht beschränkten Rahmene, wie er hier durch den
Umfang des Artikels gegeben war. Dieser erlaubte es leider auch nicht, die Namen
selbst der um unsere Wissenschaft besonders verdienten Männer anzuführen und ihrer
Verdienste im einzelnen gerecht zu werden. Trotz dieser dem Verfasser am besten be-
wußten, aber kaum vermeidbaren Mängel gibt er sich der Hoffnung hin, ein in den
wesentlichen Zügen richtiges Bild des Ganzen geliefert zu haben.
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