236 Die Entwicklung der Chirurgie. X. Buch.
bandlung der furchtbaren Hauttuberkulose, des Lupus, spielen das Finsenlicht, die Kro-
mayersche Quarzlampe und die Nöntgenstrahlen heute eine solche Rolle, daß der opera-
tive Eingriff daneben völlig in den Hintergrund getreten ist. Geradezu wunderbar aber
sind die Erfolge, welche bei allen Formenchirurgischer Tuberkulose mit der Heliotherapie,
der Sonnenbehandlung im Hochgebirge, erzielt werden. Es ist das Berdienst Rolliers
in Lepfsin, diese Art der Behandlung spftematisch ausgebildet und gerade bei der äußeren
Tuberkulose wahrhaft verblüffende Resultate erzielt zu haben. Hoffentlich finden sich
Mittel und Wege, um das segensreiche Verfahren auch im Deutschen Reiche einzuführen
und es allen Bevölkerungsklassen, auch den unbemittelten, zugänglich zu machen. So
erfreulich die an den Küsten unserer Meere erzielten Resultate sind, mit den Erfolgen
der Behandlung im Hochgebirge, wo die Sonne keine Dunftschicht des Tieflandes zu
durchdringen braucht, können sie nicht wetteifern.
Eine völlige Umwandlung hat in den letzten Jahren die Lehre von der
Spphilis erfahren. Die jahrhundertelang dunkle Ursache der auch für den
Chirurgen höchst wichtigen Krankheit wurde im ZJahre 1905 durch Schaudinns Entdeckung
der Spirochaete pallida geklärt, die Diagnose ist durch Wassermanns sinnreiches serodiag-
nostisches Verfahren auf eine zuverlässige Grundlage gestellt worden, und Ehrlich fand im
Salvarsan das wirksamste bisher bekannte Heilmittel der völkerverheerenden Krankheit.
Drei Großtaten, die stets ein Ruhmesblatt in der Geschichte deutscher medizinischer Wissen-
schaft bilden werden!
Sypbilis.
Weniger Erfolg ist der Erforschung und Be-
kämpfung des Krebses beschieden gewesen, doch
scheint auch hier die Hoffnung auf bessere Zeiten
zu dämmern. Allerdings haben wir gerade auf diesem Gebiete so viele und schwere
Enttäuschungen erlebt, daß größte Zurückhaltung am Platze ist.
Oie beiden wesentlichen Errungenschaften der Krebsbekämpfung während der letzten
25 Jahre liegen in der Vervollkommnung der Krebsoperationen und in der Autz-
barmachung der Radiotherapie. Die eigentliche Ursache der Krebserkrankung aller-
dings ist noch immer ungeklärt, und so tappen wir mit unseren therapeutischen Maßnahmen
bis zu einem gewissen Grade im Dunklen. Immerhin hat die pathologisch-anatomische,
epidemiologische und experimentelle Forschung schon so manches der vielen Krebsprobleme
gelöst, und es ist zu hoffen, daß die ungeheure A#rbeit, welche auf der ganzen Erde und
vielfach in besonderen Krebsinstituten auf die Erforschung der schrecklichen Krankheit ver-
wandt wird, auch hier uns endlich die ersehnte Klarheit bringen wird.
Solange ein sicheres Heilmittel des Krebses nicht gefunden
ist, — und leider sind wir trotz manchen bemerkens-
werten Erfolges noch weit von diesem Ziele entfernt — wird die Operation ihre
herrschende Stellung in der Behandlung des Karzinoms behalten. Erst wenn
das Astergebilde aus dem menschlichen Körper entfernt oder wenn es nicht mehr
operabel ist, treten die übrigen Behandlungsmethoden in ihr Recht. Die Notwendig-
keit der operativen Inangriffnahme ergibt sich aus der unerschütterlich feststehenden Tat-
Erforschung und Bekämpfung
des Krebses.
Krebs-Operationen.
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