Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
X. Buch. V. Elektrotechnik. 367 
  
schwierigen, dem Erfolge auf diesem Gebiete vorgelagerten Probleme theoretischer und 
technischer Art ist hauptsächlich deutschen Elektroingenieuren zu danken. 
Daß man sich zunächst der Ausbildung des Einphasen-Kommutatormotors 
zuwandte, ist aus dem Bedürfnis nach einem Wechselstrommotor mit großer 
Regulierbarkeit und großem Anzugsmoment für elektrische Bahnen zu erklären. 
Oie elektrischen Bahnen waren, nachdem im Jahre 1879 Werner Siemens zum 
ersten Male eine solche gebaut hatte, durchweg mit Gleichstrom betrieben. Vom ZLahre 
1889 an verdrängten sie mehr und mehr die Pferdebahnen in den Städten. Für Fern- 
bahnen genügte der Gleichstrom mit der bei ihm früher möglichen Spannung von nur 
500 Volt nicht; man mußte zu Wechselstrom übergehen. Oie ersten Bahnen dieser Art 
verwendeten den besser durchgebildeten Drehstrommotor. Die sehr großen Umständlich-- 
keiten, die aus den für ihn nötigen zwei Fahrdrähten entstanden, bildeten die Haupttriebkraft 
zur Entwicklung des Einphasenmotors. Heute wird dieser Motor für Bahnen fast ausschließlich 
verwendet. Auch an der Ausbildung der Wechselstrombahnen hat die deutsche Technik hervor- 
ragenden Anteil genommen, insbesondere durch die von 1899 an im großen Maßstabe unter- 
nommenen Versucheder Studiengesellschaft für elektrische Schnellbahnen, welcher die führen- 
den Firmen der deutschen Technik unter Beteiligung des preußischen Fiskus angehörten. 
Bahnen. 
Oie elektrische Beleuchtung stand im Jahre 1888 noch in ihren Anfängen. 
Oie erste praktische Bogenlampe, die sogenannte Kerze von Zablochkoff, 
stammt aus dem Zahre 1876, die den Urtyp der modernen Bogenlampe darstellende 
Differenziallampe von Hefner von Alteneck aus dem Jahre 1879. Die elektrische 
Glühlampe wurde im Jahre 1878 von Sawper und Man erfunden und die erste 
elektrische Beleuchtungszentrale mit parallelgeschalteten Glühlampen im JZahre 1882 
von Edison in Aeupork in Betrieb gesetzt. Im Jahre 1884 folgte dann die erste der- 
artige Anlage in Deutschland, eine Blockzentrale in Berlin. 
Auf dem Gebiete der Bogenlampen wurde bis gegen 1893 aller Fleiß nur auf 
die Verbesserung des Regulierwerks verwandt. Etwas grundsätzlich Neues schuf erst 
1893 der Amerikaner Zandus, indem er den Lichtbogen luftdicht abschloß, wodurch die 
Brenndauer der Kohlen auf das 10- bis 20 fache gesteigert wurde, leider unter starker 
Vergrößerung des Energieverbrauchs. Einen großen Schritt zum bessern machte der 
Deutsche Bremer im Zahre 1900 durch eine Lampe mit Kohlen von starkem Gehalte 
an Metallsalzen, deren spezifischer Verbrauch bei Gleichstrom und Wechselstrom gleich- 
mäßig 0,2 Watt für eine Hefnerkerze und darunter betrug, gegenüber 0,5 Watt bei den 
bisherigen Gleichstromlampen und gegen 1 Watt bei den Wechselstromlampen. Später 
gelang es der deutschen Technik, solche stark metallsalzhaltigen Kohlen in luft- 
abgeschlossener Glocke brennen zu lassen und so einen verhältnismäßig geringen Ver- 
brauch mit langer Brenndauer zu vereinigen. Eine vorübergehende Bedeutung erlangten 
um 1898 die sogenannten Dreischaltungslampen von Körting & Mathiesen. Oie 
von Aron in Berlin erfundene Quecksilberdampflampe hat wegen ihrer Armut an roten 
Lichtstrahlen noch nicht die erwartete Verbreitung zu gewinnen vermocht, auch nicht 
Lampen. 
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