128 IAstronomie, Astrophysik, Geodäsie. X. Buch.
an der Vertiefung der Untersuchungen über die Zunahme, welche der Reichtum an Sternen
der verschiebenen Größenklassen mit der Annäherung an die Wilchstraße erfährt. Schönste
Leistungen der Heibelberger Sternwarte sind in unserm Vierteljahrhundert auch von
R. Wolf auf dem Gebiete der photographischen Aufnahmen von Milchstraßenflächen
dargeboten worden.
Als eine besondere Kraft auf dem Gebiete der säkularen Bewegungserscheinungen
in der uns umgebenden Fizsternwelt ist aber auch bei vorliegendem Anlaß zu nennen
der niederländische Astronom Kapteyn.
An der Messung und Deutung der Licht-
veränderungen der Sterne, von deren
periodischem Typus vorhin in Verbindung mit den Messungen der Radialgeschwindig-
keiten die Rede war, hat sich das Potsdamer Observatorium (siehe auch die oben erwähnte
photometrische Durchmusterung der Himmelsfläche durch Müller und Kempp), sowie
überhaupt die deutsche Astronomie eifrig beteiligt, nicht bloß photometrisch, sondern
auch durch die einst von Argelander und Heis kultivierte und hauptsächlich mit freiem
Auge betriebene Schätzungsmethode, für deren Verbreitung und Anwendung auch die
deutsche Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmischen Phypsik, insbesondere
durch Plaßmann, gewirkt hat.
Unter der großen Zahl von spektroskopisch entdeckten Sternspstemen, in denen uns
die periodischen Veränderungen von Radialgeschwindigkeiten engere Bewegungen von
zwei Sonnen um den gemeinsamen Schwerpunkt erweisen, hat sich weiterhin eine
nicht geringe Zahl von solchen Systemen enthüllt, in denen die periodischen Licht-
veränderungen des Sternpunktes, zu welchem das Soystem für unsern Alnblick zu-
sammenfließt, nicht dem Gesetze entsprechen, das bei den veränderlichen Sternen
von dem Typus Algol gefunden worden ist, daß nämlich die periodischen Minima
des Leuchtens durch gegenseitige Bedeckungserscheinungen der beiden Sonnen ver-
ursacht werden. Im Gegenteil findet bei gewissen anders gearteten Lichtverände-
rungen die lleinste Lichtstärke in einer solchen Phase der Umlaufsbewegung statt, in
welcher von gegenseitigen Bedeckungswirkungen der beiden Sonnen für unseren Anblick
nicht die Kede sein kann. Auch bei diesen Untersuchungen sind die Potsdamer Astro-
nomen lebhaft beteiligt. Es sieht fast so aus, als ob zur Erklärung der Lichtveränderungen
dieser Systeme Abweichungen der Gestalt der einzelnen Sonnen von der Kugel-
gestalt oder Abweichungen von einer gleichmäßigen Lichtstärke ihrer Oberflächen in Ver-
bindung mit der Umlaufsbewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt die Erklärung
bilden können.
Noch unbestimmter sind unsere Erklärungen für die in längeren Perioden sich ab-
spielenden Lichtveränderungen von zahlreichen andern Sternen, deren Gesamtzahl
jetzt schon weit mehr als tausend beträgt, unter denen sich auch eine nicht geringe Anzahl
von spektroskopischen Doppelsternen befindet. Sehr bedeutsam sind auch einige neuere
Messungsergebnisse der Helligkeitsveränderungen von zahlreichen Sternen in gewissen
Sternhaufen.
Die Lichtveränderungen der Sterne.
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