176 Die Chemie. X. Buch.
ausgebildete Chemiker angestellt, deren Zahl in jeder der großen Teerfarbenfabriken
mehrere Hundert beträgt. Die wissenschaftliche Arbeit dieser technischen Chemiker voll-
zieht sich in besonders dazu eingerichteten Laboratorien, in denen sie oft genug über weit
mehr Hilfsmittel und Hilfskräfte verfügen, als die an den Hochschulen wirkenden Gelehrten.
In dem Maße, in dem im Laufe der letzten 25 Jahre der Zudrang zu den deutschen
Hochschulen wuchs, nahmen akademische Berufsgeschäfte und die Verwaltung der immer
größer werdenden Institute Zeit und Kraft der Institutsleiter mehr und mehr in An-
spruch, ihre Forschertätigkeit hemmend und beschränkend. Es machte sich das Bedürfnis
nach ausschließlich der Forschung gewidmeten Instituten geltend. Man hätte zunächst
erwarten können, daß die alten deutschen Akademien derartige Institute gründen würden.
Mlein die Mittel der Akademien sind zum Teil schon zu der Errichtung von Universitäts-
instituten verwendet, auch den vielseitigen, an sie herantretenden Ansprüchen längst nicht
mehr gewachsen.
So mußte die Hilfe von anderer Seite kommen. Der weitblickenden Znitiative un-
seres Kaisers ist es zu verdanken, daß 1911 die Kaiser Wilhelm-Gesellschaft zur
Förderung der Wissenschaften mit dem Sitze in Berlin und dem ausdrücklichen Zwecke
der Gründung von Forschungeinstituten ins Leben trat. Dem Rufe des Kaisers folgend,
stellten hochherzige Stifter reiche Mittel zur Verfügung. Mehrere Institute dieser neuen
Kaiser Wilhelm-Gesellschaft haben bereits ihre Pforten geöffnet, darunter eines für all-
gemeine Chemie und eines für phypsikalische Themie.
Oie an diesen Instituten wirkenden Gelehrten sind frei von der Bürde des akademi-
schen Lehramtes, frei in der Wahl ihrer Aufgaben. Und so mag denn der Uberblick über
die Fortschritte der Chemie in den letzten 25 Zahren mit dem Wuncsche geschlossen
werden, daß den naturwissenschaftlichen Forschungsinstituten, die den Namen ihres
kaiserlichen Begründers tragen dürfen, in alle Zukunft reiche wissenschaftliche Erfolge
beschieben sein mögen.
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