160 Die staatswissenschaftliche Theorie der Griechen
zu machen, sondern dass man sogar schon lange vor Aristoteles
den Gedanken theoretisch klar genug begründet hatte, dass die
beste Verfassung nicht in Einer dieser Grundformen, son-
dern in einer Verschmelzung derselben mit einander
bestehen müsse. Aristoteles sagt nämlich !).
„Einige nun sagen, es müsse die beste Verfassung aus allen
Verfassungen gemischt sein wesshalb sie denn auch
die der Lakedaimonier loben, denn sie bestehe, sagen die
Einen aus Oligarchie, Monarchie und Demokratie, indem sie
in dem Königthum die Monarchie, in der Herrschaft der
Geronten die Oligarchie finden; die Geltung der Demokratie
bestehe in der Herrschaft der Ephoren, weil die Ephoren aus
dem Volke gewählt werden. Die Anderen dagegen be-
trachten die Ephorie als Tyrannis, als demokratische Ein-
richtung die Syssitien und die übrigen Einrichtungen für das
tägliche Leben.“
Hier ist es klar genug, dass derselbe Gedankenprocess, den
schon Herodot auf die Perser überträgt, auch später noch sich
in der griechischen Literatur Geltung verschafft hat, das Abwä-
gen jener drei Grundformen der Verfassung,. das Suchen nach
Beispielen, und die Anstrengung aus einer Verschmelzung der-
selben das Beste zu finden, da man erkannte, dass keine für sich
das lezie Ziel zu erreichen im Stande sei. Aristoteles ist also
in dieser Beziehung durchaus receptiv gewesen; will man ihm
etwas Besonderes, etwas ihm eigenthümlich Zugehöriges zusprechen,
so bleibt nur das, dass er nicht jene drei Begriffe, sondern ihre
Gegensätze, die magexßaoeıs, die Oligarchie, die Tyrannis,
und die Demagogie zuerst kategorisirt hat. Wir sagen katego-
risirt; wir verstehen darunter, für das Verständniss — wenn
man will für das Gedächtniss, oder gar nur für die Schule in
Ordnung gebracht. Denn man kannte jene Begriffe der rrapexBaueıs
vor Aristoteles vollkommen so gut als nach ihm, nur dass man
nicht gewohnt war, ganz strenge Definitionen damit zu verbinden ;
und man hatte Recht dies nicht zu thun, weil man aus dem Leben
und für das Leben, und nicht für die Schule oder für Gelehrte sprach.
1) Pol. I. 3. 10. -