Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht, 369 
niedriger; nämlich für einen Mann etwa 1!/s Thlr. jährlich, für ein Ehepaar 
2 Thir. jährlich — d. i. soviel als der Geselle allein bezahlt. Die Ehefrau 
hat allerdings auf Krankengeld keinen Anspruch; indess ist das Sterbegeld 
im Vergleich zu dem Beitrage ziemlich hoch (20-30 Thir.). Ansprüche 
auf Auszahlung des vollen Sterbegeldes werden oft schon !/» Jahr nach 
dem Eintritt eingeräumt ; bei keiner Kasse länger als 4 bis 6 Jahre hinaus- 
geschoben. Abstufungen des Beitrags je nach Verschiedenheit des Alters 
werden nicht gemacht, 
Im Vergleich zur Mitgliederzahll — (im Ganzen sind 57,000 Personen 
an diesen Kassen betheiligt) — sind die Bestände derselben auch nicht erheb- 
lich (im Ganzen haben die 66 Sterbekassen einen Bestand von 119,000 Thirn.). 
Hiernach beruht die Zahlungsfähigkeit derselben wahrscheinlich ebenfalls 
auf dem fortdauernden Zutritt neuer Mitglieder. 
Die Unzulänglichkeit der Beiträge würde ohne Zweifel schon klar zu 
Tage getreten sein, wenn nicht die an Krankengeld gezahlten Summen so 
unbeträchtlich wären. Es findet hier gerade das umgekehrte Verhältniss 
wie bei den Gesellenkassen statt; die Krankengelder bilden den bei weitem 
geringeren Theil der Ausgabe. Im Jahre 1851 wurden nämlich an Sterbe- 
geldern rund 50,000 Thir., an Krankengeldern dagegen nur 13,000 Thlr. 
gezahlt; dus heisst an Sterbegeldern wurde von diesen Kassen beinahe das 
vierfache der an Krankengeldern gewährten Summe gezahlt, während bei 
den Gesellenkassen umgekehrt zu den Beerdigungskosten noch nicht !/ı der 
zur Krankenpflege verwendeten Summe beigetragen wurde. Die Gesellen- 
kassen zahlten an Krankenpflegegeldern für den Kopf im Jahre ca. 1 Thlr. 
6 Sgr., die Sterbekassen nur etwa 7 Sgr. Dieser grosse Unterschied kann 
nicht auf einer geringeren Zahl der Krankheitsfälle beruhen, da diese bei 
dem durchschnittlich höheren Alter der Mitglieder vielmehr häufiger sein 
müssen. Er wird auch nicht dadurch genügend erklärt, dass die bewilligte 
Unterstützung in der Regel geringer ist als bei den Gesellen — nämlich 
meistens 20 Sgr. wöchentlich, während die Gesellen 1 Thlr. verabreichen 
und dabei noch die Kosten des Arztes und der Medizin übernehmen. Viel- 
mehr ist es wahrscheinlich, dass der grössere Theil der Ehemänner die 
Unterstützung in Krankheitsfällen theils wegen ihrer Geringfügigkeit für seine 
Verhältnisse, theils wegen der damit verbundenen Weitläufigkeiten nicht in 
Anspruch nimmt. . 
Wie dem auch sei, so viel ist klar, dass die in Berlin bestehenden 
freiwilligen Vereine zur gegenseitigen Unterstützung für die Krankenpflege 
sehr wenig leisten, und also auch hier wenn schon in entgegengesetzter 
Richtung wie bei den Gesellenkassen die Verbindung von Sterbe- und 
Krankenkassen sich nicht als zweckmässig erweist. 
Um sicherer über die Verhältnisse der erwähnten Kassen zu urtheilen, 
müssten vollständigere Nachrichten über dieselben vorliegen; theils die Er- 
gebnisse ihrer Verwaltung für eine Reihe von Jahren, theils Auskunft über 
mehrere Punkte, worüber die Angaben jetzt fehlen. Pie vorstehenden
	        
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