Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

3723 Die volkswirthschaftlichen Zustände des Königreichs Hannover 
ward in Erinnerung älterer leidiger Vorgänge eingewurzeltes 
Misstrauen und noch nicht verjährter Hass gegen Preussen, als 
ob es sich auch jetzt nur um eine preussische Affaire zu ein- 
seitigen Gunsten Preussens handelte. 
Die österreichische Partei im Lande glaubte bei den damaligen 
politischen Wirren aus Rücksicht auf Oesterreich die commercielle 
Verbindung mit Preussen verhindern zu müssen, obwohl Oester- 
reichs späterer, wenn überhaupt möglicher Anschluss durch den 
Vertrag nicht erschwert sondern erleichtert ward. 
Vereinzelte politische Doctrinairs vindicirten die deutsche 
Zoll- und Handels-Einigung beharrlich dem Bundestage, dessen 
Ohnmacht in dieser Aufgabe doch so alt ist, als der Artikel 19 
der Bundesakie selber. 
Die Grundherrlichkeit und die Bureaukratie, durch die Ver- 
fassungs- und Verwaltungs-Aenderungen tief verletzt, sahen in 
der ständischen Verwerfung des Vertrages das geeignetste Mittel 
zum Sturze des Ministeriums. 
Für Rentiers und Besoldete war schon der höhere Eingangs- 
zoll auf Wein und Colonialwaaren ein genügender Grund der 
Abneigung. 
Aus nicht wenigen Städten und Gegenden wurden von Ma- 
gistrat und Bürgerschaft, vom Handels- und Gewerbestande, auch 
von landwirthschaftlichen Vereinen an Regierung und Stände die 
dringendsten Petitionen gegen den Zollanschluss erlassen. Eine 
unerträgliche Schutzzollvertheuerung werde als „Tribut an die 
zollvereinsländischen Fabrikanten * zum Nachtheile der hannover- 
schen Consumenten eintreten. Und in entgegengesetzter Richtung: 
Hannover werde zum Ruine der eigenen Industrie mit den wohl- 
feileren zollvereinsländischen Fabrikaten überschwemmt werden. 
Sodann: durch die hohen Eingangszölle werde. der ausländische 
Handel Hannovers erschwert, in einigen Branchen gänzlich ver- 
nichtet werden u. 8. w. 
Man stösst in diesen Petitionen auf die düstersten Schilde- 
rungen einer unglückseligen Zukunft Hannovers, als ob die ganze 
Volkswirthschaft des Landes einer totalen Zerrültung ausgesetzt 
würde! Solche Schilderungen liessen sich allerdings zum nicht 
geringen Theile auf die wirkliche oder vermeintliche Verletzung
	        
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