Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

Studien über württembergische Agrarverhältnisse. 417 
schwerlich auch nur die Ausdehnung gewinnen, dass darin ein 
vollkommener Ersatz für denjenigen Theil des Handspinnens für 
Lohn und auf den Verkauf gefunden werden kann, der in der 
neuern Zeit verloren gegangen ist und bis jetzt einen Ersatz 
nicht gefunden hat. 
Mehr Bedeutung könnte möglicher Weise die Industrie als 
Hauptgeschäft ganzer Familien und das fabrikmässig betriebene 
Gewerb gewinnen, wobei es natürlich nicht ausgeschlossen wäre, 
dass solche industriell beschäftigte Familien noch nebenbei ihr 
Stückchen Feld oder Gartenland besässen und selbstsländig um- 
trieben. Aber es scheint nicht wahrscheinlich, dass selbst eine 
Ausdehnung dieser Art des Gewerbebetricbs bis zur äussersten 
Grenze unsrer Hoffnungen der Landbaubevölkerung durch Herüber- 
ziehen vieler bis jetzt landwirthschaftlich beschäftigter Personen 
in die Gewerbe ein vermehrtes Arbeitsgebiet und damit eine we- 
sentliche Erleichterung verschaffen werde. Dazu isl der Ueber- 
gang von der landwirthschaftlichen zu gewerblicher Arbeit zu 
schwer, die Anziehungskraft der Gewerbe durch hohen Lohn 
nicht stark genug und hängen augenscheinlich die Leute viel zu 
fest an ihrer Scholle, die ihnen ohne allzugrosse Anstrengung 
wenigstens in mittleren Jahren eben Nahrung giebt. Ja, wenn 
gleichzeitig mit einer starken Ausdehnung der Industrie in den 
Ackerbauverhüllnissen selbst eine Aenderung einträte, welche die 
nicht genug beschäfligten Menschen vom Lande weg in die Ge- 
werbsorte triebe, wie diess in Schottland von der Mitte des vo- 
rigen Jahrhunderts an der Fall war, dann liesse sich eine wirk- 
same Hülfe für unsre Landgemeinden von dieser Seite her er- 
warten. Ohne eine solche gleichzeitige Aenderung aber sehe ich 
nicht, wie eine ausgiebige Besserung in dem Verhältniss der Land- 
baubevölkerung zum Boden durch weitere Entfaltung des gewerb- 
lichen Lebens gehofft werden kann. Gelingt es uns wirklich, 
die Gewerbe in unserm Land beträchtlich über ihren jetzigen 
schon an sich eben nicht ganz unbedeutenden Stand hinaus zu 
erweitern, so wird diess allerdings einzelnen wenigen landwirth- 
schafllichen Gemeinden zur Hülfe gereichen, in denen gerade 
wegen vorhandener Wasserkräfte und sehr niedriger Lohnsätze 
Fabriken errichtet werden; der Hauptvortheil aber wird voraus-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.