Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

Studien über württembergische Agrarverhältnisse. 419 
undzwanzig Centner Mehlfrüchte bedarf, und Fleisch und Milch 
Hauptnahrungsmiltel des Volks bilden, oder wenigstens bilden 
sollten, so lange wird auch Körner- und Futterproduktion die 
wichtigste Aufgabe des Landhaus seyn. Diese aber erfordert, 
wenn sie so betrieben werden soll, dass noch eine reine Boden- 
rente herauskommen kann, unbedingt des Pflugs und des Zug- 
viehs, mit deren Leistungen der Mensch nur in den seltensten 
Fällen concurriren kann, ohne selbst auf einen maschinen- und 
thierähnlichen Zustand herabgedrückt zu werden. Und mit die- 
sem Interesse des Landwirths trifft das allgemeine Volksinteresse 
vollständig zusammen; denn dieses verlangt einen möglichst rei- 
chen Produktenüberschuss der Landwirthschaft zur Ernährung 
der übrigen Volksklassen; es fordert ferner nicht nur einen noth- 
dürfligen Viehstand zur Produktion der unentbehrlichsten Fleisch-, 
Milch- und Feitnahrung und der nolhdürftigsten Masse von Dün- 
ger, sondern auch Mastvieh, Aufzucht von Jungvieh, Schafhaltung 
zur Produktion von Wolle und eine wenigstens so starke Pferde- 
zucht, dass das Inleresse der Landesvertlheidigung als genügend 
gesichert erscheinen kann. Diese letzteren Zweige der Viehzucht 
und Viehhaltung aber sind überhaupt nur möglich bei grösserem 
landwirthschaftlichen Belrieb. Bei Kleinhäuslerei und Spatenbau, 
welcher, mag man ihn auch noch so oft mit dem ehrenden und 
wohlklingenden Titel der Gartenkultur bezeichnen, doch im All- 
gemeinen nur armselige Proletarierwirthschaflen begründet, müs- 
sen dieselben nothwendig aufs äusserste Maass herabkommen und 
endlich ganz verschwinden, ein Ziel, dem wir in den bäuerlichen 
Wirthschaften unsers Unterlands leider bereits näher gekommen 
sind, als Viele glauben. 
Fast nehme ich Anstand, diese Sälze hier nur auszusprechen; 
denn sie verstehen sich eigentlich zu sehr von selbst. Aber 
man hört das gerade Gegentheil davon gar zu oft sagen und 
rühmen, und es will scheinen, als gehe es hier wie so oft im 
Leben, dass man mit dem Verlust einer höheren Stufe irgend 
eines menschlichen Glückes und Gutes allmählich auch den Sinn 
und Maassstab dafür verliert, sich am Ende den schlechteren Zu- 
stand wohl gefallen lässt und ihn sogar schön findel. So em- 
pfiellt man jetzt die Spatenkultur als ein Glück, weil Viele zu
	        
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