Full text: 180 deutsche Musteraufsätze.

125. Deutschland uach dem Dreißigjährigen Kriege. 
Gedankengang: 
I. Einleitung: Der Dreißigjährige Krieg hat alle Grundlagen 
nationaler Größe des deutschen Volkes zerstört und ist dadurch 
zu einem Wendepunkt in der deutschen Geschichte geworden. 
II. Ausführung: 
1. Zerrüttung Deutschlands durch Feuer und Schwert. 
2. Vergrmung der Bewohner. Teuerung und Verheerung durch 
die Pest. 
3. Vernichtung des Wohlstandes; Daniederliegen des Gewerb- 
fleißes und des Handels. 
4. Deutscher Geist und deutsche Sitten waren dem Untergange 
nahe. 
III. Schluß: Dem deutschen Volke hat es eine mehr als 200jjährige 
Tätigkeit gekostet, um sich aus den Schäden des Dreißigjährigen 
Krieges wieder herauszuarbeiten. 
Ausführung: 
Der Dreißigjährige Krieg hat alle Grundlagen nationaler Größe 
des deutschen Volkes, den nationalen Wohlstand, die Eigenart des 
deutschen Geistes zerstört und ist dadurch zu einem Wendepunkt in 
der deutschen Geschichte und in der Entwicklung Deutschlands 
geworden wie bis dahin kein anderes Ereignis. 
Nach dreißig Vapren voll von Schlachten, Brand, Mord und 
Seuchen sah sich Deutschland nicht mehr ähnlich. Die halbe Bevölke- 
rung war ausgerottet, Städte und Dörfer lagen in Schutt, das Land 
war größtenteils unbebaut, Handel und Gewerbe im Grunde erschüttert. 
Die stolze Nation war in ein ärmliches Geschlecht von Bettlern und 
Räubern verwandelt. Verhungerte Bauern, feige Bürger, liederliche 
Soldaten, mattherzige Höflinge waren der Rest des großen Ge- 
schlechts, das untergegangen war. Konnten sie aber besser sein? Die 
Fürsten selbst gaben das Beispiel feiger Treulosigkeit; die Geistlichen 
aller Bekenntnisse entflammten zu wütendem, chonungslosem Hasse; 
die Feldherren suchten sich zu bereichern; die Soldaten, die zuletzt 
allein herrschten, waren entmenscht und aller Bande ledig. Alle 
Teufel des politischen Verrates, der religiösen Erbitterung, der 
Habsucht der Emporkömmlinge und der unersättlichen Gier der 
Soldaten wurden auf das Volk, den Bürger und den Bauern 
gehetzt. Man lieferte nicht bloß Schlachten, sondern man zerstörte 
ganze Länder und mordete die wehrlosen Einwohner. Und diese 
Greuel dauerten ununterbrochen dreißig Jahre lang. 
Da man das Feld nicht mehr in Ruhe bauen konnte, riß überall 
große Hungersnot ein, und zu allen Ubeln kam auch die Pest hinzu. 
Von Haus und Hof vertrieben, oder in ewiger Angst vor den Soldaten, 
ohne allen Unterricht, was blieb dem neu aufwachsenden Geschlechte 
anders übrig, als feige Niederträchtigkeit und jene Sittenlosigkeit zuüben, 
die es von den Soldaten gelernt hatte. Man rechnet, daß Deutschland 
im Dreißigjährigen Kriege die Hälfte, ja einige behaupten, daß es zwei 
Drittel seiner ganzen Bevölkerung verloren hat. In Sachsen kamen 
allein binnen zwei Jahren 900 000 Menschen um. Viele hundert
	        
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