Full text: 180 deutsche Musteraufsätze.

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ch wohl überlegen, wie man das Werk anzufassen hat. t di 
ge chehen, so darf man Zeit und Umstände. die zu desiese 
Förderung und Vollendung günstig sind, nicht außer acht lassen 
Wenn dies alles vorausgegangen ist, dann erst kann man mit Be- 
sonnenheit und Bescheidenheit durchführen, was man einmal an- 
gefangen hat. Mit dem dann gewonnenen Erfolge soll man 
zufrieden sein. Bescheidene Ansprüche und ein bescheidenes Ver- 
halten führen sicherer zum Ziel als Unersättlichkeit und Anmaßung 
durch welche der beste Plan noch zuletzt scheitern kann. Viele 
Menschen fangen ohne Uberlegung etwas an und müssen dann do 
zuletzt einsehen, daß alle ihre Mühe eine vergebliche war, nichts 
gewonnen, sondern alles verloren ist. So mietet z. B. ein junger 
Kaufmann einen großen Laden, wendet alles auf und scheut weder 
Mühe noch Kosten, damit sein Geschäft nach außen einen guten 
Eindruck macht. Nach einiger Zeit muß er aber sehen, daß seine 
Mühe und Arbeit eine vergebliche gewesen und sein Geld verloren 
ist. Wie kam das? Er hatte nicht erwogen, daß die Lage sich 
durchaus nicht eignete. Er hatte nicht an das verwandte Sprichwort 
gedacht: Erst wäg's, dann wag's. Zu seinem Leidwesen erfuhr er 
die Wahrheit eines anderen Sprichwortes: Durch Schaden wird 
man klug. Ebenso erging es dem Kaiser Napoleon III. im Jahre 1870. 
Er glaubte auch: Frisch gewagt ist halb gewonnen und wagte den 
Angriff. Da er aber die Kräfte seines Landes gegen die des Gegners 
nicht gewogen hatte, unterlag er. Anders war es mit den Heer- 
führern der deutschen Armee. Diese kannten ihre Kräfte, hatten 
schon vorher überlegt, wie sie alles anzufassen hatten, griffen mit 
frischem tute an und setzten den Krieg fort bis das Ziel erreicht 
und der Erfolg ein sicherer war. Schiller zeigt uns in seinem 
„Tell“, wie die Verschworenen auf dem Rütli lange und sorgsam 
ihr Werk berieten. Nachdem sie alles erwogen hatten, wagten sie 
das Werk, schüttelten das Joch der Vögte von sich und befreiten ihr 
hartbedrücktes Vaterland. Also auf mutiges und unverzagtes Ent- 
schließen und Festhalten kommt es an, wenn du gewinnen willst. 
Das Sprichwort ist nicht auf jede Arbeit und jedes Unter- 
nehmen anzuwenden, sondern nur auf solches, das gewagt sein 
will, das also mit Schwierigkeiten, Hindernissen und Gefahren 
verbunden ist. Was hat man in solchen Fällen zu tun? Handelt 
es sich z. B. darum, ein Kind aus den Fluten oder aus einem 
brennenden Hause zu retten, dann ist ein frischer Mut das Beste. 
Ebenso ist es, wenn es gilt, dem im Sturm andringenden Feinde 
die Brust entgegenzuwerfen. Hier heißt es: nicht lange besinnen, 
sondern mutig zugreifen und helfen, wo es notwendig ist. Muß 
man ein schweres und langwieriges Werk durchführen, so überlege 
man nicht zu lange, wenn einmal etwas gewagt werden muß. 
Hier ist nicht mehr von Unternehmungen und Plänen die Rede, 
sondern von der Notwendigkeit, die kein Schwanken und Uberlegen 
zuläßt. Ein frischer Mut ist dann die Hauptsache, denn: Frisch 
gewagt ist halb gewonnen. In solchen Dingen sei man also mutig; 
das wird das Beste sein und sichert am ersten das Gelingen. 
Wer aber in solchen Lebenslagen lensschlossen ist, nie anfängt, 
oder das Werk wieder aufgibt, weil er zu ängstlich ist, dem wird 
nichts gelingen. Ebenso wird es demjenigen ergehen, der wankel-
	        
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