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Blick auf die Wohlenburger Wiek und das Meer, soweit das Auge
reichte, ganz erfüllt mit den in zwei Linien hintereinander auf-
ebauten Fahrzeugen der Schlachtflotte. In der ersten Linie in der
Pohlenburger Wiek selbst nur 600 bis 800 Meter vom Strande, die
Küstenpanzer und kleinen Kreuzer und daneben die schwarze Schar
der Torpedoboote, sehr viel weiter draußen (17 Kilometer) im
offenen Meer in einer langen Linie die zehn großen Fahrzeuge, die
Linienschiffe und großen Kreuzer.
Der Kaiser hielt lange Zeit mit seinem Stabe hinter dem Pferds-
berge und unausgesetzt gingen von dort aus die Flaggen und junen-
signale nach den Kriegsschiffen hinüber. Gegen 9 Uhr fiel bei
Hockendorf der erste Schuß, und bald donnerte es auf der ganzen
Artillerielinie auf den Höhen und im Tal: ein Zeichen, daß das
Gardekorps, von dem zunächst nichts zu sehen war, sich zum Angriff
zu entwickeln begonnen hatte. Gleich darauf eröffneten auch die in
der Bucht liegenden kleinen Kriegsschiffe das Feuer auf den anrückenden
Feind. Natürlich schossen sie, da sie den Gegner selbst nicht zu sehen
imstande waren, nach der in Quadrate eingeteilten Karte und nach
den Signalen, die ihnen vom Pferdsberge aus zugingen. Die Ver-
ständigung mit den Flaggen ging übrigens außerordentlich rasch.
hunenhal fünf Minuten war der Flotte mitgeteilt worden, daß der
Feind auf Quadrat 36 zu treffen sei, und unmittelbar darauf zeigten
die von Bord aufsteigenden Rauchwolken, daß alle Befehle velstanlden
und sogleich ausgeführt seien.
Unter der Wirkung dieses Artilleriefeuers und der außerordentlich
starken Stellen von Rot einen Angriff auf die Höhen von Hocken-
orf-Manderow zu unternehmen, war ein Wagnis, das im Ernst-
falle wohl kaum mit einem Armeekorps auszuführen gewesen wäre.
Aber unter dem Schutze der Loßen Wälder, die von Süden und
Osten her der Stellung von Rot vorlagen, wagte das Gardekorps
dennoch den Angriff. Während es seine 1. Garde-Infanteriedivision
auf die linke Flanke der Gegend bis auf Weiterdorf vorschickte, eine
Bewegung, die unter Mitwirkung einer Attacke der Kovallerie=
division A abgewiesen wurde, griff die 2. und 3. Garde-Infanterie-
division den rechten Flügel der roten Stellung mit großer Heftigkeit
an. Zwischen Hunderstorf-Barendorf attackierte mit lünberkechung
ihrer beiden Maschinengewehrabteilungen die Garde-Kavalleriedivision,
und vor uns im Jameler Forste entwickelte sich ein hartnäckiges
Waldgefecht. Unheimlich hallte das Geknatter zwischen den Bäumen
wider, und dazwischen donnerte aus hunderten von Geschützen
gleichzeitig das Artilleriefeuer. Ein großartiger Moment, dem auch
die Kaiserin von der Hockendorfer Höhe aus beiwohnte, die kurz
vorher mit der Großherzogin von Mecklenburg und der in schlichtem
dunklem Jackett auf dem Rücksitz fahrenden Herzogin Cäcilie, der
Braut des deutschen Kronprinzen, im vierspännigen Jagdwagen von
Hockendorf herauf gekommen war.
Aber noch war der Höhepunkt des Gefechtstages nicht gekommen.
Noch lagen die Schützenlinien des IX. Korps vor der Artillerie-
stellung in ihren durch Zweige und Kartoffelkraut vollständig
unsichtbar gemachten Stellungen. Bis an den Waldrand ließen
sie ihre Vortruppen zurückdrängen. Aber plötzlich, gegen 10; Uhr,
erschien auf der Höhe des Pferdsweges die Kaiserstandarte, und