Full text: 180 deutsche Musteraufsätze.

Was man unter Kameradschaft versteht und wie sich dieselbe äußert, 
soll im nachfolgenden gezeigt werden. 
Die Kameradschaft ist das brüderliche, gute und rechte Verhalten 
der Soldaten untereinander. Sie ist das enge freundschaftliche 
Band, welches sich um alle Angehörigen der Armee und der Marine 
schlingt, ohne besondere Berücksichtigung des Standes. Dieses 
Zusammen alten gründet sich hauptsächlich auf die gleiche Ertragung 
von Beschwerden und Strapazen aller Art, sowie auf die Gefahren 
im Kriege, und kann sich nur auf dem Felde der Gefahr in seiner 
anzen Größe zeigen. Diejenige Truppe, die den Geist der 
Kameradschaft richtig 4t pflegen weiß, bewahrt die Dissziplin selbst 
bei den größten Anstrengungen und Entbehrungen; auch wird 
dieselbe ihre Manneszucht und Standesehre zu wahre wissen. Je 
fester und bestimmter die Anhänglichkeit ist, desto leichter wird die 
Kameradschaft gedeihen. Die Kameradschaft ist also die Quelle der 
Eintracht, das wichtigste Beförderungsmittel des Gemeingeistes, der 
Diseiplin und der Subordination (Unterordnung) und wirkt somit 
nuch auf die Kampftüchtigkeit ein. 
Ein Mann, der die Uberzeugung hat, daß ihm jeder Kamerad 
in der Gefahr die Hand bietet, wird vor keiner Gefahr zurückschrecken, 
vielmehr fühlt er sich dazu ermutigt. Unsere Kriegsgeschichte hat 
zahlreiche Beispiele aufzuweisen, zu welcher Aufopferung gute und 
treue Kameradschaft fähig ist. Hier trägt ein Soldat seinen schwer 
verwundeten Offizier, der ihm zu andern Zeiten manch hartes Wort 
esagt hat, aus dem Kugelregen und bringt ihn in Sicherheit. 
Dort setzt ein Offizier sein Leben ein, um einen in die Hand des 
Feindes gefallenen Soldaten zu retten. Ein guter Kamerad teilt 
mit dem andern das letzte Stückchen Brot; jeden letzten Schluck aus 
der Feldflasche wird er hergeben, wenn ihn ein anderer bedarf. 
Aber nur derserige wird den wahren Wert der Kameradschaft 
schätzen gelernt haben, der bereits große Anstrengungen und Stra- 
pazen hat mitmachen müssen, und womöglich schon die Feuertaufe 
empfangen hat. 
Die wahre Kameradschaft, die für den Geist einer Truppe so 
wichtige Tugend, zu pflegen, ist die Pflicht eines jeden Vorgesetzten. 
Der Stubenälteste auf der Stube, der Unteroffizier in seiner 
Korporalschaft, der Zugführer in seinem Zuge, der Kompagnie- 
führer in seiner Kompagnie, sie alle haben hierauf ihr Hauptaugen- 
merk zu richten. Unzuträglichkeiten sind nicht zu dulden, ebenso 
keine Zänkereien untereinander. Auch gegen Ubervorteilungen in 
der Kaserne sowohl wie im Manöver ist einzuschreiten. Es ist 
vielmehr darauf zu halten, daß die Untergebenen Freuden und 
Leiden miteinander teilen. Ein rechter Vorgesetzter wird sich stets 
der noch unerfahrenen Mannschaften annehmen. Gegen Zuträgereien 
muß der Vorgesetzte taub sein; denn im andren Falle wird das 
gegenseitige Vertrauen der Mannschaften sowie auch das zu ihren 
Vorgesetzten untergraben. 
Wenn so die Kameradschaft Gelegze wird, dann werden solche 
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Taten eintreten, von der unsere chichte so schöne Beispiele auf- 
zuweisen hat.
	        
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