Die Zeit des Rheinbundes. $ 36. 109
Staaten Bayern*, Württemberg® und Hessen® vor’, während in
Nord- und Mitteldeutschland die Schonung der. bestehenden Rechte
eine größere war. — Einige Staaten erhielten in dieser Zeit neue
Verfassungen nach dem Muster der napoleonischen Scheinkonsti-
tutionen. Als Typus derselben ist die Verfassung des Königreiches
Westfalen vom 15. November 1807® anzusehen. Hier wurde eine
Ständeversammlung mit beratender Stimme bei der Gesetzgebung
eingeführt, deren Mitglieder durch die vom Könige ernannten
Departementskollegien gewählt werden sollten. Ihr nachgebildet
waren die Verfassung des Großherzogtums Frankfurt vom 16. August
1810°, die Verfassung Bayerns vom 1. Mai 1808, welche aber
insofern nicht in das Leben etreten ist, als die darin vorgesehene
Nationalrepräsentation niemals einberufen wurde!°, und die Ver-
fassung des Herzogtums Anhalt- Köthen vom 28. Dezember 1810
und 9. Februar 1811.
Die Gesamtheit der Rheinbundsstaaten wurde zu einem Bunde
unter dem Protektorat Napoleons vereinigt, welcher mit dem
französischen Kaiserreiche zu Schutz und Trutz verbündet war "2,
Das Organ des Bundes sollte eine Bundesversammlung in Frankfurt
am Main sein, die aus zwei Kollegien bestand !®, einem Kollegium
der Könige, in dem wegen der ihnen zustehenden königlichen
Ehren auch die Großherzöge und der Fürst Primas saßen !*, und
* Bayr. Verordnung vom 1. Mai 1808 (bei Winkopp a. a. O. 1 468 ff.);
v. Seydel, Bayr. Staatar. (2. Aufl. 1896) 1 97ff. (Bd. 21 des öffentl. Rechts
der Gegenwart [1913] bearb. v. Piloty) 1 34.
5 Der König von Württemberg hatte sich schon am 30. Dezember 18085
auf Grund der im Preßburger Frieden anerkannten Souveränetät die Kassen
und Archive der Stände angeeignet. Die bisherige Verfassung wurde zwar
nicht formell aufgehoben, wohl aber als tatsächlich beseitigt angesehen und
alle Konsequenzen aus dem Umsturz derselben gezogen. gl. R. v. Mohl,
Das Staatsrecht des Königreichs Württember 83 (2. Aufl, Tübingen
1840); Fricker und v. Geßler, Geschichte der Verfassung Württembergs 142
(Stuttgart 1869); Göz, Württemb. Staatsrecht 7.
Großherzoglich hessische Verordnung vom 1. Oktober 1806 (bei Winkopp
a. a. O. 1 468 ff.; Cosack, Staatsrecht des Großherzogtums Hessen 1.
? Baden besaß zu Anfang des 19. Jalhrh. keine ständische Verfassung
mehr; wenigstens hatten seit dem 17. Jahrh. keine Ständeversammlungen
mehr stattgefunden; vgl. v. Weech, Bad. Geschichte 359, es wurden aber
auch dort die noch vorhandenen Stände des Breisgaus beseitigt.
8 Vgl. $ 35 S. 107 N. 11.
® Pölitz, Europäische Verfassungen 1 45 ff.
10 Pölitz a. a. O. 96ff.; Winkopp 7 3ff. Vgl. M. v. Lerchenfeld, Di«
bayrische Verfassung und die Karlsbader Beschlüsse 21 N. ** (Nördlingen
1888); Oeschey in der oben $ 385 N. 11 angegebenen Schrift, 29 ff.
ıı Pölitz a. a. O. 1057 u. 1058; Winkopp 18 97 ff. u. 379 ff.
8 Rh. B. A. Art. 1, 12 u. 385. [In Wahrheit war der Rheinbund kein
Bund der deutschen Staaten unter sich, sondern nur ein Bündel auf-
ezwungener Protcektoratsverhältnisse. Ganz unbegründet und willkürlich
ist die Auffassung Kloeppels, Dreißig Jahre deutscher Verfassg. 13, w nach
der Rheinbund eine „staatliche Verbindung der Reichsgebiete außer Oster-
reich und Preußen“, m. a. W. ein Staat gewesen sei.]
18 Rh. B. A. Art. 6.
4 Rh. B. A. Art. 5.