Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

238 Zweiter Teil. Erstes Buch. $ 74. 
Die Gesamtheit der deutschen Staatsgebiete einschließ- 
lich des Gebietes von Elsaß-Lothringen bildet das Reichs- 
gebiet’. Innerhalb des Reichsgebietes ist jede Wirksamkeit 
außerdeutscher Staaten, innerhalb des Staatsgebietes der einzelnen 
deutschen Staaten die Wirksamkeit außerdeutscher und anderer 
deutscher Staaten ausgeschlossen. Die Staatsgebiete der einzelnen 
deutschen Staaten haben aber nur soweit Bedeutung, als die 
Kompetenz dieser Staaten reicht, sind dagegen innerhalb des Be- 
reiches der Reichskompetenz bedeutungslos®. In dem Gebiete von 
Elsaß-Lothringen besitzt kein deutscher Einzelstaat Herrschafts- 
befugnisse; alle Hoheitsrechte stehen hier ausschließlich dem 
Reiche zu. 
Die Schutzgebiete sind der Herrschaft des Reiches 
unterworfen; die Wirksamkeit fremder Staaten innerhalb der- 
selben ist ausgeschlossen. Sie sind dem Auslande gegenüber 
deutsches Gebiet; jeder Angriff eines fremden Staates auf ein 
Schutzgebiet ist ein Angriff auf das Reich®. Aber die Schutz- 
gebiete bilden keine Bestandteile des Reichsgebietes im Sinne der 
Reichsverfassung und der Reichsgesetze. Dies hätten sie nur 
durch eine Abänderung des Art. 1 der Reichsverfassung werden 
können, eine solche hat aber nicht stattgefunden. Sie sind also 
im allgemeinen nicht Inland, sondern Ausland. Sofern 
aber in einem Reichsgesetz der Ausdruck Inland als gleich- 
bedeutend mit dem Geltungsbereich des Gesetzes gebraucht wird, 
müssen die Schutzgebiete, wenn das Gesetz in denselben ein- 
geführt ‚ist, vom Standpunkte dieses Gesetzes als Inland betrachtet 
werden !, 
1 484, 485; Göz, Württemb. Staatsr. 15; Laband, Staatsr. ($ 22) 1 198 N. 1; 
Rehm, Art. „Bodensee* im Handwörterbuch d. Staatswissenschaften (1909) 
8 111; Walz, Badisches Staatsr. 11, 12; W. Hoenniger, Der Bodensee im 
Völkerrecht (Heidelb. Diss., 1906). 
T Michelly, Der Gebietsbestand des Deutschen Reiches (Leipziger 
Diss., 1904), 
8 v.Sarwey 2.2.0. 2 50 meint, die obige Behauptung bedürfe insofern 
einer Einschränkung, als eine Bedeutung der Staatsgebiete der Einzelstaaten 
in denjenigen Fällen bestehe, in welchen den Einzelstaaten die Ausführung 
der Reichsgesetze übertragen sei. Letzteres ist vollkommen richtig; in diesen 
Fällen ist aber auch eine Kompetenz, wenn auch nur eine Verwaltungs- 
kompetenz, der Einzelstaaten vorhanden. 
® Laband, Staatsr. 2 285. 
„10 G. Meyer, Staatsrechtliche Stellung der deutschen Schutzgebiete 88 ff. 
Übereinstimmend: Laband, Staatsr. 2 285 £., Kl. A. 208, 204; Jellinek, Über 
Stantefragmente, in Heidelberger Festgabe 271; Binding, Die rechtliche 
Stellung des deutschen Kaisers 23; Koebner in Holtzendorff-Kohlers Enzykl. 
der Rechtswiss. 2 1089 ff.; Giese, Zur Geltung der Reichsverfassung in den 
deutschen Kolonien (in der Festgabe für Paul Krüger [Berlin 19117 417); 
Sabersky, Der koloniale Inlands- und Auslandsbegriff, Berlin 1907; Kraus, 
Reichsstrafrecht und deutsche Schutzgebiete, Berlin 1911. — Für Inland er- 
klärt die Schutzgebiete: Zorn, Komment. zur Reichsverf., zu Art. 1 Nr. 5, 
Staatsr. 1 577 ff.
	        
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