Der Herrschaftsbereich. $ 76. 249
daselbst bestehenden Verhältnissen sich und seine Angehörigen zu
ernähren. Über die Punkte 2—4 ist die Gemeinde oder der Armen-
verband desjenigen Ortes, wo der zu Naturalisierende sich nieder-
lassen will, mit ihrer Erklärung, d. h. einer gutachtlichen Außerung
zu hören 18,
Der Grundsatz, daß die Einzelstaaten nicht verpflichtet sind,
die Einbürgerung zu erteilen oder daß, anders ausgedrückt, niemand
ein Recht auf Einbürgerung’ hat, erleidet Ausnahmen: so zugunsten
der Witwe oder geschiedenen Ehefrau eines Ausländers, die zur
Zeit ihrer Eheschließung eine Deutsche war!“ des ehemaligen
Deutschen, der als Minderjähriger die Reichsangehörigkeit durch
Entlassung verloren hat!®, des Ausländers, der mindestens ein
Jahr wie ein Deutscher im Heere oder in der Marine aktiv ge-
dient hat!‘, des Ausländers, der im Reichsdienste angestellt ist,
seinen dienstlichen Wohnsitz im Auslande hat und ein Dienst-
einkommen aus der Reichskasse bezieht?! und in noch einigen
anderen Fällen !®,
Die Einbürgerung in einen Staat darf erst erfolgen, nachdem
durch den Reichskanzler festgestellt worden ist, daß keiner der
übrigen Staaten Bedenken dagegen erhoben hat. Die Bedenken
können nur auf Tatsachen gestützt werden, welche die Besorgnis
rechtfertigen, daß die Einbürgerung des Antragstellers das Wohl
des Reiches oder eines seiner Staaten gefährden würde. Über die
Bedenken entscheidet der Bundesrat,
Die Verleihung der Staatsangehörigkeit an Angehörige eines
anderen deutschen Staates wird Aufnahme genannt. Die Auf-
nahme muß erfolgen, wenn der dieselbe nachsuchende Angehörige
eines anderen deutschen Staates sich in dem Gebiete desjenigen
Staates, in welchem er die Aufnahme nachsucht, niedergelassen
hat. Zur Verweigerung ist die zuständige Behörde dieses Staates
nur dann berechtigt, wenn Gründe vorliegen, welche nach den
Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes vom 1. November 1867,
88 3—5, die Abweisung eines Neuanziehenden oder die Ver-
weigerung der Fortsetzung des Aufenthaltes rechtfertigen würden®®.,
Läßt sich der nachsuchende deutsche Staatsangehörige nicht in dem
Gebiete des betreffenden Staates nieder oder liegt einer der an-
18 StAG. 8 8.
14 Das. S 10.
15 Das. S 11.
16 Das. & 12.
17 Das. S 15 Abe. 2.
18 Vgl. das. 55,26 Abs. 3, 30, 31, 32 Abs. 83. Ein Recht auf Verleihung
der unmittelbaren Reichsangehörigkeit an Ausländer verleiht $ 34.
ı# Das. $ 9 Abs. 1. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf
die im Abs. 2 bezeichneten Einbürgerungen.
2° Das. $ 7. Die Gründe sind: 1. Unfähigkeit, sich eine Wohnung
oder ein Unterkommen zu verschaffen; 2. Unselbständigkeit und mangelnde
Zustimmung des Gewalthabers; 3. Vorhandensein polizeilicher Aufenthalts-
beschränkungen; 4. Unfähigkeit, sich und seine Angehörigen zu ernähren.