Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

260 Zweiter Teil. Erstes Buch. $ 80, 
Lande erlischt; damit ist der Grund, welcher seinerzeit zu jener 
Vertragsbestimmung führte, weggefallen. Weiter ist in den Bancroft- 
verträgen vereinbart, daß, wenn der Naturalisierte sich wieder in 
seinem Heimatlande niederläßt, ohne die Absicht, in sein Adoptiv- 
vaterland zurückzukehren, er als auf seine Naturalisation Verzicht 
leistend angesehen wird. Diese Bestimmung ist auch unter dem 
StAG. noch in Kraft geblieben und behauptet ihre Bedeutung]. 
3. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Reich 
und Einzelstaaten. 
8 80, 
Innerhalb des gemeinsamen Herrschaftsbereiches verteilen sich 
die Herrschaftsrechte zwischen dem Reich und den Einzelstaaten. 
Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Reich und Einzelstaaten ! 
hat in der Weise stattgefunden, daß die Kompetenz des Reiches 
eine beschränkte und verfassungsmäßig bestimmte ist. Alle Be- 
fugnisse, welche nicht dem Reiche überwiesen sind, bleiben den 
Einzelstaaten, 
I. In ausdrücklicher Aufzählung hat die Reichsverfassung die- 
jenigen Angelegenheiten aufgeführt, welche der Gesetzgebung 
und Beaufsichtigung des Reiches unterliegen?. Es sind: 
1. Die Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimats- und Nieder- 
lassungsverhältnisse, Staatsbürgerrecht?, Paßwesen und Fremden- 
polizei und über den Gewerbebetrieb einschließlich des Versiche- 
rungswesens, desgleichen über die Kolonisation und Auswanderung 
nach außerdeutschen Ländern; 
2. die Verbältnisse des Handels, das Zollwesen und die für 
die Zwecke des Reiches zu verwendenden Steuern; 
3. die Ordnung des Maß-, Münz- und Gewichtssystems nebst 
Feststellung der Grundsätze über die Emission von fundiertem und 
unfundiertem Papiergelde; 
4. die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen; 
5. die Erfindungspatente; 
6. der Schutz des geistigen Eigentums; 
ı Hierüber vor allem zu vgl.: Haenel Staatsr. I von $ 33 ab bis zum 
Schluß des Bandes. Ferner: v. Seydel, Komm. z. RV.58 ff.; Loening, Grund- 
züge der RV.93ff.; Triepel, Die Kompetenzen des Bundesstaates und die ge- 
schriebene Verfassung (in der Laband-Festschrift von 1908) 2 247 ff.; Anschütz, 
Enzykl. yı; v. Jagemann, Vorträge über die deutsche RV. (1904) 64 ff. 144 ff. 
Vgl. sun Rieß, Auswärtige Hobeitsrechte der deutschen Einzelstaaten 9Yff. 
® In dem Schlußprotokolle vom 23. Nov. 1870 Nr. II ist seitens der 
preußischen Bevollmächtigten anerkannt worden, daß unter der Gesetz- 
gebungsbefugnis des Reiches über Staatsbürgerrecht nur das Recht ver- 
standen werden solle, die Reichs- und Staatsangehörigkeit zu regeln und 
den Grundsatz der politischen Gleichberechtigung aller Konfessionen durch- 
zuführen, daß sich im übrigen die Gesetzgebung nicht auf die Frage er- 
strecken solle, unter welchen Voraussetzungen jemand zur Ausübung politi- 
scher Rechte in einem einzelnen Staate befugt sei.
	        
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