Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 104. 363 
4. Die Geschäftsformen des Landtages!. 
S 104. 
Die Hauptgrundsätze über die Formen der Geschäftsbehand- 
lung auf den Landtagen sind durch die Verfassungen fest- 
gestellt. Die näheren Ausführungsbestimmungen finden sich in 
besonderen Geschäftsordnungen. Diese haben teils den 
Charakter von Gesetzen und können insoweit nur unter Zustimmung 
aller gesetzgebenden Organe abgeändert werden, teils beruhen sie 
auf autonomischen& Festsetzungen des Landtages oder der be- 
ı Das Hauptwerk über das Verfabren des englischen Parlaments ist 
Thomas Erskine May, A treatise on the law, privileges and usage proceedings 
of parliament, 11. edit., London 1906, Buch lu. 2 von T. L. Wobster, Buch 3 
von W. E, Grey, in das Deutsche übersetzt von O. G. Oppenheim, 2. Aufl. 
(nach der 8. engl) Leipzig 1880. Vgl. außerdem Poudra et Pierre, Traite 
ratique de droit parlementaire, 2&me Edition, Paris 1879, Supplement 1879 
is 1830; Eugene Pierre, Trait& de droit politique &lectoral et parlementaire, 
Paris 1893; Oppenheim, Art. „Parlamentarische Geschäftsordnungen“ Staats- 
wörterbuch 7 700ff.; .R. v. Mohl, Die Geschäftsordnungen der Stände- 
versammlungen, Staatsrecht, Völkerrecht, Politik 1 281 ff., Parlamentarische 
Studien, Preuß. Jahrb. 8 153 £.; F. Brockhaus, Art. „Geschäftsordnung“ in 
v. Holtzendorffs Rechtslexikon 2 133 ff.; Plate, Die Geschäftsordnung des 
Preußischen Abgeordnetenhauses, ihre Geschichte und ihre Anwendung 
(Berlin 1903. Ein Verzeichnis der Geschäftsordnungen der deutschen 
Be gibt Binding, die Notwehr der Parlamente gegen ihre Mitglieder 
* Bayr. G. vom 19. Jan. 1872, den Geschäftsgang des Landtags betr., 
Abänderungen durch G. vom 1. Juli 1886 u. vom 4. Juli 1904; Sächs. Land- 
tagsordnung vom 12. Okt. 1874 mit Abänderungen vom 15. März 1894 u. 
9. Aug. 1904, Hess. G. die landständische Geschäftsordnung betr., ‘vom 
17. Juni 1874 mit Abänderungen vom 11. Juni 1875, 20. Okt. 1894 u. 18. Mai 
1901, S.-Weim. Revidierte Geschäftsordnung für den Landtag vom 1. April 
1878, S.-Mein. G. vom 23. April 1868, die Einführung einer neuen Geschäfts- 
ordnung für den Landtag betr. Anderungen dieses Gesetzes könnnen, soweit 
sie nur den parlamentarischen Brauch, nicht die Rechte des Landesherrn, 
Landtages und der herzoglichen Kommissarien betreffen, jederzeit vom 
Landtage selbst beschlossen werden. S.-Alt. landschaftliche Geschäfts- 
ordnung vom 2. Dez. 1858 mit Abänderungen vom 27. Okt. 1868 u. 21. Jan. 
1910. 8.-Kob.-Goth. StGG., Geschäftsordnung für die Landtage der 
Herzogtümer Koburg und Gotha vom 29. März 1%8, Geschäftsordnung für 
die Landesversammlung des Herzogtums Braunschweig vom 19. Mai 1912, 
Old. G., betr. die eschäfteordnung des Landtages, vom 22. April 1853, 
Abänderungen vom 11. Jan. 1873, 28. Febr. 1876, 17. April 1900 (Neuredaktion), 
7. Jan. 1902, 24. Dez. 1902, 11. Dez. 1906 u. 5. März 1909, Anh, G., die Ein- 
führung einer neuen Geschäftsordnung für den Landtag betr., vom 24. Jan. 
1876, Abänderung vom 26. Febr. 1891, Schw.-Sondh. Geschäftsordnun 
für den Landtag vom 15. Febr. 1912, Schw.-Rud.G. vom 19. Januar 1872, 
die Einführung einer neuen Geschäftsordnung für den Landtag betr., mit 
Ergänzungen vom 25. März 1904. ' 
s» Das Wort Autonomie wird hier in einem uneigentlichen, übertragenen 
Sinne gebraucht. Autonomie ist Selbstgesetzgebung; mithin kann Autonomie 
nur demjenigen zustehen, der ein „Selbst“ im Rechtssinne. d. h. juristische 
Persönlichkeit, besitzt. Das ist aber, wie oben S 96 331 hervorgehoben, 
beim Landtage nicht der Fall. Vgl. auch oben 5 72 235. Zustimmend: 
W. van Calker, Hess. St.R. 56 N. 1, sowie Hermann F. Schmid, Parlamen-
	        
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