Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 106. sl 
Drittes Kapitel. 
Die Staatsbehörden und Kommunalverbände!. 
I. Grundbegriffe und allgemeine Grundsätze. 
8 106. 
I. Staatsbehörden heißen diejenigen staatlichen Organe, 
welche zur Ausübung eines begrenzten Kreises staatlicher Be- 
fugnisse durch ein anderes Organ des Staates berufen werden. 
Diese Befugnisse brauchen nicht notwendig Herrschaftsrechte zu 
sein; auch diejenigen Organe, welchen die Verwaltung staatlicher 
Vermögensobjekte und Anstalten übertragen ist, gehören zu den 
Behörden ?. Die Mitglieder der Behörden können wechseln, ohne 
daß die Behörde dadurch berührt wird; die Fortdauer des staat- 
lichen Organes ist unabhängig von der Person des speziellen 
Repräsentanten. Die Behörden sind Staatsorgane ohne eigene 
Rechtsfähigkeit (Rechtssubjektivität) ®, ’ 
[Das Wort „Amt“ wird in einer doppelten Bedeutung verwendet. 
In dem einen (objektiven) Sinne bezeichnet es einen bestimmt ab- 
gegrenzten Kreis staatlicher Geschäfte oder Tätigkeiten (Beispiel: 
nach $ 10 II 17 des PrALR — vgl. unten $ 176 — ist die Erhaltung 
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung „das Amt der Polizei“). 
Das begriffsbildende Moment ist die Einheit des Wirkungskreises. 
In einem andern (subjektiven) Sinne erscheint das Wort Amt, wenn 
man es, was sehr häufig geschieht, nicht auf einen bestimmten 
Wirkungskreis, sondern auf die Person oder Personenmehrheit, 
welcher dieser Wirkungskreis zugeteilt ist, also auf den Träger 
des Wirkungskreises anwendet (Polizeiamt, Postamt, Bezirksamt). 
Und in diesem zweiten Sinne ist „Amt“ gleichbedeutend mit Be- 
hörde. Behörde ist diejenige Person oder Personenmehrheit, 
ı Vgl. H. Rosin, Souveränetät, Staat, Gemeinde, Selbstverwaltung, 
in AnnD 1883) 265 ff. Loening, Lehrb. d. Deutsch. VerwR 28 ft.; 
G. Meyers Abhandlung über die Behördenorganisation der Verwaltung 
des Innern, in Schönbergs Handb. d. golit Ökonomie 8° 247 ff.; G. Meyer, 
Art. Behörden im WStVR; K. v. Stengel, Die Organisation der preu- 
ßischen Verwaltung nach den neuen Reformgesetzen, Leipzig1884. H. Blodig, 
Die Selbstverwaltung als Rechtsbegriff, Wien und Leipzig 1894; J. Hatschek, 
Die Selbstverwaltung in politischer und juristischer Beziehung, Leipzig 1898 
(21 der Staats- und völkerrechtl. Abhandl. v. G. Jellinek u. G. Meyer); 
Jellinek, Staatsel. S. 523 ff.; Friedrichs im PrVBl 27 245 und 2841ff.; 
Schoen in der Euzykl. der Rechtswiss. 7. Aufl. 4214 ff, 
% Die Behauptung, daß die Ausübung von Herrschaftsrechten ein 
wesentliches Erfordernis für den Begriff der Behörde sei, wird, nachdem 
Laband, StR 2. Aufl. 1338 (5. Aufl. 1365 N. 2) seine diesbezügliche 
Ansicht aufgegeben hat, jetzt nur noch von Zorn, Reichs- Staatsr. 1 287 ff., 
vertreten. 
® Bernatzik, Kritische Studien über den Begriff der juristischen 
Person und die juristische Persönlichkeit der Behörden insbesondere, im 
ArchÖffentIR 5 169 ff.; Seidler, Immunität 69; Jellinek, System 224 ff.; 
Anschütz, Kritische Studien zur Ikehre vom Bechtssatz oder formellen 
Gesetze 28. — A. M.: Affolter, AllgStR 28 und ArchÖffentIR 20 408. 
G. Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht. II. 7. Aufl. 25
	        
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