Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Organe. $ 106. 387 
den Charakter kommunaler oder körperschaftlicher, 
sondern den staatlicher Organe haben und deren Bezirke 
keine Kommunalverbände, sondern staatliche Amts- 
bezirke sind!®, 
Kein entwickeltes Staatswesen kann das berufsmäßige, be- 
soldete Beamtentum entbehren. Nur der, welcher die Tätigkeit 
für den Staat zum Mittelpunkt seines Lebens und Handelns macht, 
erwirbt sich diejenige Sachkenntnis und Geschäftsgewandtheit, 
welche für die Erledigung gewisser Staatsgeschäfte unerläßlich ist. 
Nur der Berufsbeamte besitzt die über den Streit der sozialen 
Interessen erhabene Stellung, welche ihn befähigt, lediglich das 
Wohl des Staates zur Richtschnur seines Handelns zu machen. 
13 Mit vollem Recht bemerkt E. v. Meier in Enzykl., 2. Aufl., 1 853 ff, 
daß die Selbstverwaltung sowohl in der Gestalt des Einzelamtes mit dem 
Grundsatz der Ernennung als in der Gestalt der Kommune erscheine, und 
führt als Beispiele der ersten Erscheinungsform die englischen Friedens- 
richter, die Ehrenamtmänner in Westfalen und die Amtsvorsteher in den 
östlichen preußischen Provinzen an. In den späteren Auflagen sind diese 
Erörterungen_ leider weggelassen worden und in der fünften wird sogar 
(S. 1163) für Deutschlan Selbstverwaltung und Kommunalverwaltung als 
völlig identisch behandelt. [Es muß aber betont werden, daß gerade E. v. 
Meier sich von doktrinären Einseitigkeiten in der Auffassung und Definition 
der Selbstverwaltung vollkommen freihält, — freier als die meisten andern 
Schriftsteller. Insbesondere hat er nie verkannt und verkennt auch in der 
6. Aufl. der Enzykl. 2 644 ff., nicht, daß mit der einfachen Gleichsetzung 
Selbstverwaltung = Kommunalverwaltung das Wesen der Selbstverwaltung 
nach positivem deutschen Recht nicht erschöpfend bestimmt ist. A. a. 0. 
645 bezweifelt er nicht, daß die Tätigkeit des preußischen Amtsvorstehers 
„Selbstverwaltung“ in jenem positivrechtlichen Sinne sei, obwohl doch der 
Amtsvorsteher weder ein kommunales Organ noch ein gewählter, vielmehr 
ein ernannter Ehrenbeamter sei, eine Tatsache, welche „den Theoretikern 
sehr viel Kummer bereitet hat, weil ihnen schon dadurch die Konstruktion 
eines einheitlichen deutschen oder auch nur preußischen Selbstverwaltungs- 
begriffes unmöglich gemacht wird.“] — Hatschek, Selbstverw. 12 ff. und im 
WÄLVR 3 4231. sucht den Begriff der Selbstverwaltung als „Heran- 
ziehung örtlich geschlossener Kollektivverbände für die Staatszwecke“ da- 
durch aufrecht zu erhalten, daß er bemerkt, Selbstverwaltung liege nicht 
bloß bei aktiven, sondern auch bei passiven Verbänden vor; hier sei 
nicht der Verband als solcher, sondern die einzelnen Mitglieder berechtigt, 
nichtsdestoweniger besitze der Verband einen Gemeinwillen und werde für 
Gemeinzwecke tätig (Selbstverw. 130). Die Organe aber, welche in einem 
solchen Verbande fungieren, sind nicht Verbands-, sondern Staats- 
organe; sie repräsentieren nicht den Gemeinwillen des Verbandes, 
sondern den Staatswillen. [Diese und andere Bedenken gegen die Theorie 
Hatscheks werden übrigens auch durch die verteidigenden Ausführungen 
Jellineks, Staatsl. 640 ff. nicht beseitigt. Der Amtsvorsteher ist „Selbst- 
verwalter“, aber nicht, weil er einen Verband repräsentiert, denn der 
reußische Amtsbezirk ist kein Verband, auch kein “passiver“, sondern ein- 
ach, weil er das Gegenteil eines besoldeten Berufsbeamten, weil er „Ehren- 
beamter“ ist. Seine Tätigkeit wird Selbstverwaltung genannt, weil der 
olitische Sinn des doppeldeutigen Wortes (Verwaltung durch Nicht- 
bureaukraten, durch Laien, durch Ehrenbeamte) hier zutrifft. Anderseits 
aber, und vorzugsweise, ist „Selbstverwaltung“ aber die Tätigkeit der 
öffentlichrechtlichen Verbände (Selbstverwaltungskö er), an der Spitze die 
der Gemeinden: Selbstverwaltung im Rechtssinne.T
	        
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