Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

482 Zweiter Teil. Zweites Buch. $ 123. 
auch die notwendigen Beziehungen zwischen Gesetzgebung und 
Verwaltung hergestellt worden, ohne welche eine gedeihliche 
Wirksamkeit beider nicht denkbar ist. Dieselben Männer, welche 
im Bundesrat beim Erlaß der Reichsgesetze mitwirken, haben die 
Ausführung derselben in den Einzelstaaten zu leiten. Anderer- 
seits sind sie in der Lage, die gelegentlich der Ausführung ge- 
machten Erfahrungen bei der Feststellung neuer zu verwerten. 
berhaupt hat der Bundesrat vor allen politischen Versammlungen, 
welche in anderen Staaten vorkommen, den Vorzug, daß in 
ihm ausschließlich Männer sitzen, welche inmitten der Geschäfte 
stehen ”. 
Trotz der kollegialischen Organisation der Reichsgewalt ist 
jedoch eine kräftige Exekutive im Reiche nicht ausgeschlossen. 
Alle Befugnisse, bei denen es auf eine energische und einheitliche 
Handhabung ankommt, namentlich die Leitung der auswärtigen 
Angelegenheiten, des Miltärwesens und der Marine liegen in den 
Händen des Kaisers. Während die Stellung desselben formell- 
rechtlich als eine bescheidene, und er selbst im Verhältnis zu 
den anderen verbündeten Fürsten nur als primus inter pares er- 
scheint, besitzt er eine Reihe von Befugnissen, welche materiell 
außerordentlich schwer in das Gewicht fallen. In seinen Händen 
liegt die Verfügung über die Machtmittel des Reiches. Das 
jetzige Deutsche Reich bildet in dieser Beziehung den geraden 
Gegensatz zum früheren deutschen Reiche. 
3, Der Bundesrat'!, 
& 128. 
„Der Bundesrat besteht aus den Vertretern der Mitglieder 
des Bundes?.“ Als „Mitglieder des Bundes“, d. h. des Reiches, 
zählt Art. 6 RV die 25 Staaten auf. Die im Bundesrate ver- 
? Vgl. Rosenthal, Die Reichsregierung (1911) 58, 54. Diese Seite der 
Formation des Bundesrates schwebt wohl Bismarck vor, wenn er, Ge- 
danken und Erinnerungen 2 190 den Bundesrat mit dem Staatsrat anderer 
Länder vergleicht. 
1 Vgl. außer den auf den Bundesrat bezüglichen Partieen der syste- 
matischen Darstellungen des Reichsstaatsrecht (insb. Laband, Zorn, Schulze, 
Arndt) und der Kommentare zur RV (v. Seydel, Arndt, Dambitsch, Zorn): 
M. Seydel, Der deutsche Bundesrat in v. Holtzendorffs und Brentanos Jahr- 
buch für Gesetzgebung usw. im Deutschen Reiche, NF 8 273ff. (auch: 
Staatsrechtl. und polit. Abhandlungen, NF 90 ff.); Laband, Art. „Bundesrat“ 
im WStVR; derselbe JahrbÖfR 1 18ff., DJZ 16 1ff.; E. Kliemke, Die 
staatsrechtliche Natur und Stellung des Bundesrates, Berlin 1894: Loening, 
Grundzüge der Verfassung des Deutschen Reiches 59 ff.; Anschütz, Enzykl. 
95 ff.; v. Jagemann, Die deutsche Reichsverfassung 80 ff.; Herwegen, Reichs- 
verfassung und Bundesrat (Bonner Diss. 1902). Reincke, Der alte Reichstag 
und der neue Bundesrat (1906); Rosenthal, Die Reichsregierung (1911); Ferd. 
Müller, Begriff und Rechte des Bundesrats (Heidelb. Diss. 1908). 
® RVerf Art. 6
	        
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