Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Einleitung. $ 12. 43 
Die Vereinigung der Staaten beruht sowohl in dem Falle der 
Personalunion als in dem der Realunion lediglich auf der Person 
des Herrschers.. Gemeinsame Organe für die durch Union ver- 
bundenen Staaten sind freilich denkbar und werden namentlich 
in Fällen der Realunion vorkommen (österreichisches gemeinsames 
Ministerium, Delegationen des österreichischen Reichsrates und 
ungarischen Reichtages). Aber diese gemeinsamen Organe er- 
scheinen nicht als etwas für das Verhältnis Wesentliches, sondern 
sind akzessorischer Natur. Sie haben außerdem nicht den 
Charakter von Organen eines größeren, über den Staaten stehenden 
Gemeinwesens, sondern fungieren als Organe jedes einzelnen der 
verbundenen Staaten ®. 
[Zu den Staatenverbindungen im weiteren Sinne gehören auch 
die einseitigen Abhängigkeitsverhältnisse des Völker- 
rechts: ein Staat oder mehrere Staaten haben sich — tatsächlich 
vielleicht gezwungenermaßen, rechtlich jedenfalls freiwillig, in der 
Regel durch Vertrag — in ein Verhältnis zu einem dritten Staate 
begeben, kraft dessen dieser Dritte gewisse (insbesondere aus- 
wärtige, nach Befinden auch innere) Hoheitsrechte des oder der 
andern auszuüben befugt ist. Ein Musterbeispiel dieser Art von 
Staatenverbindung ist das Protektorat, kraft dessen der eine 
Staat — die Schutzmacht oder der Protektor — den andern — 
den Schutzstaat — gegen Angriffe dritter Staaten zu schützen 
verpflichtet ist, wogegen letzterer im Verkehr mit dritten die Vor- 
und ihre Lösung (1912); Fleischmann, Das Staatsgrundgesetz des Kgr. Nor- 
wegen (1912) ff., 38 f), während die erstgenannte noch fortbesteht (über 
ihre Geschichte und rechtliche Natur vgl. aus der reichhaltigen Literatur 
insbes. Jellinek, Staatenverbindungen 227 ff., Staatsl. 757 ff.; v. Juraschek, 
Personalunion und Realunion; Ulbrich, Österr. Staatsrecht (3. A. 1904) 47 ff.; 
Seidler, Das juristische Kriterium des Staates W}ff ; Hauke, Grundriß des 
Verfassungsrechtes (im Grundriß des österr. Rechts) 141 ff.; Tezner, Der 
österr. Kaisertitel, das ungarische Staatsrecht u. die ungar. Publizistik (1899); 
Derselbe, Der Kaiser (1909) 199 fi.; Hatschek a. a. O. 8 23 ff.) 
Als Real- und nicht ala Personalunion ist auch die Gemeinsamkeit des 
Landesherrn aufzufassen, welche die beiden deutschen Fürstentümer Schwarz- 
burg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen seit 1909 (Erlöschen der 
Sondershäuser Linie des Fürstlich Schwarzburgischen Gesamthauses) ver- 
bindet: Rehm, Staatsl. (1907) 35; a. M. Strupp im Jahrb. Of.R. 6 293, der 
das Verhältnis (ohne nähere Begründung) für eine Personalunion erklärt. 
«So mit Recht: Brie in GrünhutsZ. 11 139, Theorie der Staaten- 
verbindungen 77 ff.; v. Juraschek, Personalunion und Realunion 103 ff. Un- 
richtig ist es daher, die Realunion für einen Spezialfall des Staatenbundes 
anzusehen (Jellinek, Staatenverbindungen 225 ff, System 307; Triepel, Inter- 
um 92) oder die österreichisch-ungarische Monarchie für eine zu einem 
Staatenbunde entwickelte Realunion (Ülbrich, Österreich. Staatsrecht, $ 315, 
einen Staatenstaat (Bidermann, Die rechtl. Natur der österr.-ungarischen 
Monarchie, 1877, Die staatsrechtlichen Wirkungen der österr. Gesamtstaats- 
idee, GrünhutsZ. 21 339 ff.) oder für einen Bundesstaat zu erklären (Dantscher 
v. Kollesberg, Der monarchische Bundesstaat Österreich-Ungarm, 1880). 
Dasselbe gilt von der Behauptung, daß die Realunion keine besondere staat- 
liche Einrichtung, sondern entweder Staatenbund oder Bundesstaat sei 
(Affolter, Allgem, Staatsr. 54 N. 46).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.