Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

628 Zweiter Teil. Zweites Buch. 8 159. 
Die Entziehung des Amtes und Aufhebung des Beamten- 
verhältnisses im Wege des Disziplinarverfahrens wird in 
den Staatsdienergesetzen als Dienstentlassung bezeichnet. 
Sie hat Verlust des Amtes, Titels, Ranges, der Ansprüche auf 
Gehalt, Ruhegehalt und Hinterbliebenenfürsorge zur Folge, während 
die Wiederanstellung dadurch nicht ausgeschlossen wird. Auch 
kann dem Entlassenen vermöge eines besonderen Ausspruches der 
Disziplinar- oder Anstellungsbehörde ein Teil seiner Pension be- 
lassen werden, wenn mildernde Umstände vorliegen oder besondere 
Dürftigkeit dazu Veranlassung gibt. Nach einzelnen neueren 
Gesetzen kann die Dienstentlassung gegenüber den Mitgliedern 
gewisser hoher richterlicher Behörden, welche sonst, im Interesse 
der Unabhängigkeit ihrer Stellung und Tätigkeit einem Disziplinar- 
verfahren nicht unterliegen (Reichsgericht, oberste Verwaltungs- 
gerichtshöfe, Kompetenzgerichtshöfe), durch Plenarbeschluß aus- 
gesprochen werden, wenn dieselben wegen einer entehrenden 
Handlung zu einer Freiheitsstrafe von bestimmter Dauer verurteilt 
sind 18, 
Der Dienstentlassung geht ein kontradiktorisches Verfahren 
mit mündlicher Schlußverhandlung voraus. Die Entscheidung 
über die Entlassung war, soweit richterliche Beamte in Betracht 
kamen, schon durch die früheren Landesgesetze meist den Ge- 
richten bzw. Behörden, die nur mit richterlichen Beamten besetzt 
waren, übertragen worden. Das Reichsgerichtsverfassungsgesetz 
hat diesen Grundsatz zu einem gemeinrechtlichen erhoben. Dem- 
nach kann jetzt im ganzen Deutschen Reiche die Dienstentlassung 
der Richter nur durch „richterliche Entscheidung“ [d. h. durch 
Urteil eines ordentlichen Gerichts oder einer ausschließlich mit 
Richtern besetzten besonderen Disziplinarbehörde] ausgesprochen 
werden!®, Die Entscheidung über die Dienstentlassung der 
der zu Zuchthausstrafe usw. Verurteilte hört auf, Beamter zu sein. — Die 
hier und in der vorigen Anmerkung bezeichneten Vorschriften des Str&B 
wollen nicht sagen, daß nur in ihren Fällen die Kriminalstrafe das Be- 
amtenverhältnis zerstört, stehen also Bestimmungen der Beamtengesetze, 
‚welche diese Rechtsfolge krimineller Bestrafung auch noch in andern Fällen 
eintreten lassen, nicht entgegen. Solche Bestimmungen enthalten keine Ver- 
schärfung von Strafen, die im RStrGB angedroht sind, sie sind überhaupt 
nicht straf-, sondern beamtenrechtlicher Natur, greifen mithin in den 
Herrschaftsbereich des Str@B nicht ein. Hierher gehören z.B. 87 des Preuß. 
DiszG vom 21. Juli 1852 und 86 des Preuß. RichterDiszG vom 7. Mai 1851. 
wonach die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von längerer als einjähriger 
Dauer den Verlust des „Amtes“ (gemeint ist wiederum die Beamteneigenschaft) 
von selbst nach sich zieht. Diese $$ sind durch das StrGB nicht aufgehoben. 
Übereinstimmend von Rheinbaben, DiszG 118, 119; Brand, BR 734, 735, 
RGZ 17 240; a. M. das vormalige Reichsoberhandelagericht, Entsch. 18 38, 
39 und die Voraufl. 541.] 
12 Vgl. oben $ 142 Anm. 10. 
18 Vgl. oben $ 148 bei Anm. l. RGVG 8 8 (vgl. EG S 11), Preuß. G. 
vom 7. Mai 1851 88 18ff., G vom 9. April 1879 S$ 2ff., Bay. DiszG für 
richterliche Beamte Art. 14—23, Sächs. x. vom 20. März 1880 $ 26, Württ.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.