Die Funktionen. $ 155. 639
akt im formellen Sinne jeden staatlichen Akt, der von den
Verwaltungsorganen vorgenommen wird, Justizakt jeden Akt
der Gerichte.
Il. [Gesetz im materiellen Sinne ist jede Rechtsnorm,
jeder Rechtssatz, und gesetzgebende Gewalt in diesem Sinne daher
gleichbedeutend mit rechtssetzender Gewalt. Die hierin enthaltene
Begriffsbestimmung sieht nur auf den Inhalt, nicht aber auf den
Ursprung (die Quelle) und die Form des „Gesetzes“. Es kommt
insbesondere nicht darauf an, ob die Rechtsnorm eine geschriebene
(ius scriptum), oder eine ungeschriebene (ius non scriptum, Ge-
wohnheitsrecht), und wenn eine geschriebene, ob sie das Erzeug-
nis der Tätigkeit eines bestimmten Staatsorgans (der Legislative,
Gesetz im formellen Sinne, s. oben), überhaupt des Staates ist.
Gesetz im formellen Sinne ist jeder Rechtssatz, einerlei woher er
entscheidendem Einfluß gewesen die Ausführungen von v. Stockmar (vgl.
oben N. 1) und von Laband, Das Budgetrecht der preußischen Verfassungs-
urkunde, Berlin 1871, 5ff., vgl. auch Staatsrecht 2 1ff., 4 577 ff, KLA. 114 ff.
Nach seinem Vorgange ist die Unterscheidung der Gesetze im materiellen
und im formellen Sinne von dem größten Teil der Schriftsteller anerkannt
worden. Vgl. Jellinek, a, a. O. 226 #.; H. Schulze, Preuß. StR 2 8 169 S. If,
LehrbDStR 1 $ 184 5, 519; E. Meier in der Enzykl. (6. Aufl) 2 639 fi.;
Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechtes 1 124; Ülbrich, Österreichisches
Staatsrecht $ 144 S. 379 ff.;, Proebst, AnnDR 1882 287 fi.; v. Stengel, Organi-
sation der preußischen Verwaltung 7ff.; v.Sarwey, Allgemeines Verwaltungs-
‘recht in Marquardsens Handbuch 25; G. Meyers Abhandlung über den Be-
griff des Gesetzes 10 ff.; Seligmann, a. a. O. 1fl.; Seydel. Bay. StR 2. Aufl.,
2 306 fi., Seydel-Piloty 1 834 ff.; PraZäk, a. a, O. 441ff.; Brie, a. a. O. 11ff.;
Dyroff, AnnDR1SS92; Trieps, Reich und Bundesstaaten 188; O.Mayer, Deutsch,
VerwR 1 4; Anschütz, Kritische Studien, sowie die anderen, oben N, 1
zitierten Schriften; Affolter, Allg. StR 70 ff., der allerdings den Begriff des
formellen Gesetzes weit enger faßt, als dies von der herrschenden Lehre
eschieht. Vgl. ferner die oben N. 1 angegebenen Schriften von Fleiner,
leischmann, van Calker, Schoen, Kelsen, sowie, als Belege dafür, daß
die Unterscheidung zwischen materiellen und formellen Gesetzen auch von
der ausländischen Wissenschaft angenommen worden ist: Donati, i caratteri
della legge in senso materiale (Camerino 1910); Oreste Ranelletti, principii
di diritto amministrativo (Napoli 1912) 1 296 ff. (näheres über die italienische
Wissenschaft siehe bei Gmelin, Über den Umfang des Königl. Verordnungs-
rechts und das Recht zur Verhängung des Belagerungszustandes in Italien
11907), G. Cahen, la Loi et le röglement (Paris 1902), dazu Laband ArchÖfR
8 288; Giron, le droit public de la Belgique (1884), dazu Hubrich AnnDR
1304833 N.3. Auch in der Literatur des Privatrechts ist die Unterscheidung
angenommen worden; vgl. z.B. Gierke, Deutsches Privatrecht 1 129: Dern-
burg , Preuß. Privatrecht 1 $ 15; Endemann, Lehrbuch des bürgerlichen
Rechts 1 $ 8; Enneccerus-Kipp-Wolff, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts 1
& 32. Gegen die Unterscheidung haben sich erklärt: v. Martitz in der N. 1
angeführten Abhandlung über den Begriff des Gesetzes; Zorn, Staatsrecht
1 404 ff., ZStW 36 11, AnnDR 1885 304 ff., 1889 349 ff.; Kloeppel in d. Preuß.
Jahrb. 52 180, Gesetz und Obrigkeit, Leipzig 1891, 88ff.; A. Arndt, Das
Verordnungsrecht des Deutschen Reiches, 13; vgl. ferner die in N. 1 an-
egebenen neueren Schriften dieses Verfassers; Haenel, a.a.0. 275 ff.; Opitz,
Sachs StR 2 1 N.5; Bornhak, Preuß, StR 1503 ff., Allg. StL 165; Gumplowiez,
sterr. St .
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