Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

706 Zweiter Teil. Drittes Buch. $ 168. 
und Reichstag zustehenden Ausgabebewilligungsrechts, welches hier 
wie überall eine Schranke der Organisationsgewalt bildet.] — Eine 
bestimmte Publikationsform ist für die Verwaltungsverordnungen 
des Reiches nicht allgemein vorgeschrieben. Zur Veröffentlichung 
derselben dienen teils das RGBl, teils das Zentralblatt für das 
Deutsche Reich, teils Verordnungsblätter für einzelne Spezialzweige 
der Verwaltung (Marineverordnungsblatt, Amtsblatt der Post- und 
Telegraphenverwaltung). 
DH. Rechtsverordnungen, d. h. Verordnungen, welche 
verbindliche Rechtsvorschriften für die einzelnen Untertanen ent- 
halten, können auch im Reiche nur auf Grund einer gesetzlichen 
Ermächtigung erlassen werden!®, Das Reichsgesetz, welches eine 
über die staatsrechtliche Stellung des Bundesrates, übersieht aber, daß die 
dem Bundesrate kraft dieser Stellung zustehende Organisationsgewalt ge- 
wohnheitsrechtlich auf den Kaiser übergegangen ist.] A. Arndt, a. a. O. 
152 ff. fordert grundsätzlich für jede Organisation ein Gesetz; ebenso Laband, 
StR 1 371, 372, 2 184, kl. A. 87. 
10 In der Vorschrift des Art.5 der RV, daß zu einem Reichsgesetz die Über- 
einstimmung der Mehrheitsbeschlüsse von Bundesrat und Reichstag erforderlich 
und ausreichend ist, kann das Wort Reichsgesetz ebenso wie in den ent- 
sprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen (oben $ 157 S. 652 Anm. a, 
163S.681 Anm.anur im materiellen Sinnegebrauchtsein. Vgl. Laband.StR 
$58 8.89 ff., kl. A. 137; Haenel, Organisatorische Entwicklung der RV 64, 
Deutsches StR 1 276, 284 fi.; Seydel, Komm. 140; Hensel in den AnnDR 1888 
26; Seligmann, Begriff des Gesetzes 120 ff.; Trieps, a. a. O. 194; Schollen, 
Die Rechtsungültigkeit der Strafdrohung in $ 62 der Betriebsordnung für 
die Haupteisenbahnen Deutschlands, Bonn 1897, 14 ff.; Kahn, a. a. O. (oben 
N.1)60 ff. (vgl. auch die Bes zeehungen dieses Buches von Rosin, VerwArch 21 
347. und Radnitzky, ArchÖffR 81 450 ff.;; Bäseler, Die rechtliche Natur der 
Eisenbahnverkehrsordnung (1912). [Auch Dambitsch, Komm. z. RV 184, 185, 
228 nimmt an, daß, gleichwie nach Landes-, so auch nach Reichastaatsrecht 
alle Rechtsnormen (8. 228: „alle Anordnungen, durch die für die Untertanen 
unmittelbar Rechte und Pflichten begründet werden“) grundsätzlich nur im 
Wege der Gesetzgebung erlassen werden dürfen, will dieses Prinzip jedoch 
nicht aus Art. 5 Äbs, 1, sondern aus „staatsrechtlichen Grundanschauungen“ 
herleiten, die der RV unausgesprochen zugrunde liegen. Damit kann man 
sich einverstanden erklären.] Im Gegensatz zu dieser Auffassung nehmen 
Zorn, StR 1 486, AnnDR 1885 309 fl. und Kloeppel, Preuß. Jahrbücher 52 
173 ff., an, daß der Bundesrat ein selbständiges Verordnungsrecht habe, d.h. 
kraft seiner allgemeinen Rechtsstellung im Reiche die Befugnis besitze, 
innerhalb der Schranken der Reichsgesetze verbindliche Rechtsvorschriften 
aufzustellen. Dagegen erklärt sich außer Laband, Seydel, Haenel, Hubrich, 
Dambitsch (a. a. ©. 227), insbesondere auch Arndt, AnnDR a. a. O. 
701 ff. und Reichsstaatsrecht 199, 200, der hinsichtlich der Bedeutung des 
Art.5 der RV. für die vorliegende Frage eine von der obigen abweichende 
Ansicht vertritt (Verordnungsrecht 26 fi.). [Vgl. ferner geren Zom: Rosen- 
berg, AnnDR 1902 15; Bornhak im Preuß. Verwaltungsblatt 22 188 und be- 
sonders Kahn, a. a. 0. 69 fl., 78ff., 90ff. Wie Zorn gegenwärtig nur Her- 
wegen, a. a. 0,., und zwar (S. 64) mit Bezugnahme auf die „Praxis“. Dagegen 
bezeugt ein wirklicher Praktiker, v. Jagemann, a.a. 0.94 auf Grund langer 
Berufserfahrung, daß die Praxis des Bundesrates ein selbständiges Ver- 
ordnungsrecht nicht kenne und sich der „strengeren Ansicht“ (Laband, 
G. Meyer, Seydel usw.), welche für jede Rechtsverordnung eine spezielle 
reichsgesetzliche Ermächtigung fordern, angepaßt habe. Auf die Wichtigkeit 
dieses Zeugnisses macht auch Hubrich, Reichsgericht 32, 62 aufmerksam.
	        
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