Die Funktionen. $ 197. 855
25. November 1870’, Das württembergische Armeekorps soll in
seinem Verbande erhalten bleiben und im eigenen Lande disloziert
sein; eine hiervon abweichende Anordnung des Kaisers, sowie die
Dislozierung anderer deutscher Truppenteile in das Königreich
Württemberg soll in friedlichen Zeiten nur mit Zustimmung des
Königs von Württemberg erfolgen, sofern es sich nicht um Be-
setzung süddeutscher oder westdeutscher Festungen handelt. Die
Ernennung des Höchstkommandierenden erfolgt durch den König
von Württemberg nach vorgängiger Zustimmung des Kaisers. Über
die Ernennung der Festungskommandanten und Anlegung von
Festungen innerhalb des Königreiches wird der Kaiser sich mit
dem Könige von Württemberg vorher in Vernehmen setzen, d.h.
dessen Einwilligung® einholen, ebenso wenn er einen von ihm zu
ernennenden Offizier aus dem württembergischen Armeekorps
wählen will. — Die Bestimmungen über die Bekleidung des
württembergischen Armeekorps werden vom König von Württem-
berg erlassen; „es soll dabei den Verhältnissen der Bundesarmee
die möglichste Rechnung getragen werden“. — Die württembergische
Regierung soll stets in dem Bundesratsausschuß für das Landheer
und die Festungen vertreten sein. Zwischen dem preußischen und
württembergischen Kriegsministerium findet zur Vermittlung der
dienstlichen Beziehungen des württembergischen Armeekorps mit
dem deutschen Bundesheer, namentlich auch zur Mitteilung der
Reglements, ein direkter Schriftenwechsel staat;
4. das bayerische Heer, welches eine durchaus selb-
ständige Stellung einnimmt®. Dasselbe bildet einen in sich ge-
schlossenen Bestandteil des Reichsheeres mit selbständiger Ver-
waltung unter der Militärhoheit des Königs von Bayern. Letzterer
vereinigt in seiner Person während der Friedenszeit alle Befugnisse,
welche im übrigen Reichsgebiet unter Kaiser und Kontingents-
herren geteilt sind; er besitzt den Oberbefehl, alle Befugnisse der
Militärverwaltung, das Verordnungsrecht und das Ernennungsrecht
aller Offiziere ohne Ausnahme!®,. Erst im Kriege, und zwar mit
inn der Mobilisierung, tritt die bayerische Armee unter den
Befehl des Kaisers. Die Verpflichtung, diesen Befehlen gehorsam
zu sein, wird in den Fahneneid aufgenommen. Die Mobilisierung
erfolgt auf Anordnung des Kaisers, formell steht aber der Erlaß
des Mobilisicrungsbefehls dem König von Bayern zue. Bayern
? Über die Rechtsgültigkeit derselben kann kein Zweifel sein, da sie
eine ausdrückliche verfassungsmäßige Anerkennung durch die Schlußbestim-
mung zum XI. Abschnitt der RVerf erhalten hat,
8 Nicht bloß dessen Meinungsäußerung, wie Brockhaus a, a, O. 196
annimmt.
® Bündnisvertrag vom 23, Nov. 1870 8 $ 5, bestätigt durch Schluß-
bestimmung zum XI. Abschnitt der RVerf.
10 Die Behauptung Thudichums, Jahrbuch 99, daß die Ernennung der
Kommandeure von k nftig zu erbauenden Festungen dem Kaiser zustehe,
ist mit der uneingeschränkten Anerkennung der Militärhoheit des Königs
von Bayern nicht vereinbar.
e Der König von Bayern hat den Mobilmachungsbefehl zu erlassen